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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Osmanisches Reich (Industrie und Handel); Osmanisches Reich (Verkehrswesen)

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Osmanisches Reich (Industrie und Handel. Verkehrswesen)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Osmanisches Reich (Landesprodukte)'

und kommt nach Frankreich zur Ausfuhr. Die Weine von Adrianopel, Tschataldscha, Niausta (Niagusta) bei Saloniki, Lapsaki, Cypern, vom Libanon und die Weißweine von Brussa sind vorzüglich. Getrocknete Weintrauben liefern die Inseln und Küstengebiete. Tabak bildet einen der wichtigsten Exportartikel. Der durchschnittliche Jahresertrag des Tabakbaues wird auf 30–32 Mill. kg veranschlagt. Besonders geschätzt wird der macedon. Tabak von Jenidsche und der nordsyrische (Latakieh). In Ostrumelien ist Rosenzucht wichtig. Sehr verbreitet ist auch die Pflege der Maulbeerplantagen um der Seidenraupenzucht willen. Für Fischerei ist der Bosporus wichtig. Schwämme liefert das Mittelländische, Perlen das Rote und Arabische Meer. Häute werden in großer Zahl ausgeführt, und zwar gegerbte von Büffeln, Ochsen und Schafen, und ungegerbte von Rehen, Hasen, Lämmern und Ziegen, besonders die Felle und die Wolle der Angoraziegen sowie der aus derselben gewebte Kleiderstoff (Mohair). Die Rinderrasse, im Altertum durch ihre Große und Stärke berühmt, ist jetzt in Rumelien wie in Anatolien entartet. Rindfleisch wird gesalzen oder gedörrt unter dem Namen Pasturma ausgeführt. Schmelzbutter, Käse, Talg, Knochen und Leim bilden, besonders in Rumelien und Bulgarien, noch immer wichtige Handelsartikel. Die türk. Pferde sind klein, aber ausdauernd. Die Bienenzucht gewährt reichen Ertrag an Honig und Wachs. In Kleinasien und Macedonien war sonst die Blutegelzucht bedeutend. Andere Ausfuhrprodukte sind Opium, Knoppern, Süßholz und Teer. (S. Balkanhalbinsel, Kleinasien, Arabien, Ägypten.)

Der Bergbau ist unbedeutend. An Mineralien versendet die Türkei nur Blei, Kupfer, Boracit, Schmirgel,Meerschaum (aus Eskischehr und Kutahia), Natron und Bitumen aus Palästina und Salz.

Industrie und Handel. Die einheimische Industrie beschränkt sich, abgesehen von Seidenspinnereien und Teppichwebereien, auf das Kleingewerbe. Einige früher blühende Gewerbe (z. B. die Fayenceindustrie) sind eingegangen. Weltberühmt sind die Teppiche, besonders von Smyrna. Im allgemeinen stellt man nur noch die notwendigen Verbrauchsartikel her, so tuchähnliche Wollstoffe (Schali) für Männeranzüge, rauhe und glatte Mantelstoffe (Abas), Wolldecken (Ihram), Bademäntel, Handtücher, Kissenüberzüge in Baumwolle, halbseidene Stoffe, Sattlerarbeiten u.s.w. Bedeutend ist die Kunstindustrie in der Hauptstadt.

Der Handel im Innern, der wegen Mangels an Verkehrsmitteln noch immer nicht entwickelt ist, liegt fast gänzlich in den Händen der Griechen und Armenier, während der Handel mit dem Auslande vorzugsweise von fremden Kaufleuten und Levantinern betrieben wird. Für die Berechnung des Wertes der im Inlande umgesetzten Waren fehlen alle Angaben. Hinsichtlich des Verkehrs mit dem Auslande sind nur unzuverlässige offizielle Berechnungen vorhanden.

Die Hauptausfuhrhäfen sind in Europa: Konstantinopel, Saloniki, Dedeaghatsch; in Asien: Smyrna, Trapezunt, Mersina, Alexandrette, Beirut. Regelmäßige Dampfschiffverbindungen nach den wichtigern Hafenplätzen unterhalten: der Österreichische Lloyd, die franz. Messageries maritimes, Fraissinet+Comp., die russ. Dampfschiffahrtsgesellschaft (Odessa), die Gesellschaft Chedivié (Alexandria), die ital. Gesellschaft Florio-Rubattino, die griech. ↔ Gesellschaft Panhellinion u. a. Die eigene Handelsflotte betrug (1893) 91 Dampfer mit 72120 und 981 Segler mit 194515 t. In die türk. Häfen des Mittelländischen und des Schwarzen Meers liefen (1891–92) 179317 Schiffe, in die des Roten Meers 4786, in die des Persischen Golfs 1262 Schiffe ein.

Wichtigste Ein- und Ausfuhrwaren 1891–92:

EinfuhrMill.AusfuhrMill.
PiasterPiaster
Schirting159Weizen127
Baumwollzwirn154Rohseide101
Zucker151Rosinen98
Bedruckte Baumwoll-Opium70
zeuge126Kaffee52
Kaffee88Wolle48
Reis72Feigen42
Wollstoffe70Olivenöl42
Petroleum68Cocons39
Kalikostoffe62Wallonen36
Mehl45Gerste35
Tuche40Mohair35
Musselin40Baumwolle32
Leder37Mineralien30
Kaschmir37Datteln24
Spitzen35Orangen, Citronen,
Eisen34Walnüsse24
Butter26Teppiche und Decken22
Schafe, Ziegen25Sesam20
Kleider25Droguen19
Kohlen21Fische16

Dazu kommt noch Tabak, von dem 1891–92: 13,39 Mill. kg ausgeführt wurden. Der Gesamtwert der Einfuhr wird auf 2291, der der Ausfuhr auf 1238 Mill. Piaster berechnet, wovon 43 und 38 Proz. auf England entfallen, dann folgen Österreich-Ungarn, Frankreich, Rußland, Italien und Bulgarien.

Die kaiserl. Ottomanische Bank ist seit Einziehung des frühern Staatspapiergeldes (15 Mill. türk. Pfd.) allein zur Ausgabe von Noten befugt, deren Einlösung ausschließlich in Gold erfolgt. Sie hat ein Aktienkapital von 250 Mill. Frs., worauf die Hälfte eingezahlt ist. Am 31. Juli 1896 hatte sie 19458000 Frs. im Umlauf gegen einen Barvorrat von 24915000 Frs. in Konstantinopel und 13130000 Frs. in den Filialen, die in London, Paris, Adrianopel, Philippopel, Saloniki und Sofia, in Alexandria, Port Said und Kairo und in 19 größern Städten der asiat. Türkei bestehen. Der Vorschuß in laufender Rechnung, der der türk. Regierung statutengemäß und permanent zu gewähren bleibt, stand 31. Juli 1896 mit 33553459 Frs. zu Buche. Die Bank diskontiert keine Wechsel auf die Türkei, besorgt aber die Einkassierung der verschiedensten Wertpapiere.

Verkehrswesen. Das türk. Postwesen, seit 1840 neu eingerichtet, steht nicht auf der Höhe seiner Aufgabe. Die Türkei gehört dem Weltpostverein an und besitzt (1886) in Europa 408, in Asien 746, in Tripolis 33 Bureaus. Daneben unterhalten Deutschland, Rußland, England, Frankreich, Österreich in den größern Städten eigene Postämter. Eine Stadtpost existiert nicht.

Drucksachen
Post-und Waren-
Postverkehr 1889/90Briefekartenproben
Tausend Stück
Innerer Verkehr940348540
Äußerer Verkehr364966732
Durchgangsverkehr55912333

Die Zahl der Telegraphenstationen betrug 1886 in Europa 233, in Asien 438, in Tripolis 12.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 675.