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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Petersburg (in Rußland)

Arsenal, die Gebäude des Senats, des Synods, der Ministerien, der Erziehungs- und Pflegeanstalten; die Theater, Exerzierhäuser, 22 Kasernen. Von Privatbauten sind zu nennen: das Palais des Grafen Stroganow am Newskij-Prospekt, der Palast des Grafen Scheremetjew an der Fontanka, des Fürsten Demidow an der Morskaja, das maur. Palais des Fürsten Murusi auf dem Litejnyj-Prospekt, das Derwis-Palais auf dem Englischen Quai u. a.

Behörden, Verwaltung. Über P. als Sitz der russ. Centralbehörden s. Rußland. Ferner ist es Sitz eines Militär- und eines Civilgouverneurs, des Metropoliten von P., eines evang. Konsistoriums, der Kommandos der Garden, des 1. und 18. Armeekorps u. a., der Botschafter und Gesandten der europ., mehrerer amerik. und einiger asiat. Staaten. Die Verwaltung der Stadt steht unter dem Stadthauptmann (gradonatschalnik). Der Stadtrat (Duma) besteht aus 103 Mitgliedern. Das Budget der Stadt betrug 1893: 11,5 Mill. Rubel Einnahme und 10,7 Mill. Rubel Ausgabe. Zur Beleuchtung der Stadt dienen 9874 Gas- (4 Gasanstalten), 7040 Petroleum- und 148 elektrische Laternen. Großartig sind die Vorrichtungen zur Wasserfiltrierung mit einer Röhrenleitung von 375 km in die Häuser links von der Newa und 106 km rechts von der Newa und auf den Inseln. Seit 1891 besteht ein städtisches Laboratorium zur Untersuchung der Nahrungsmittel. Über die Petersburger Feuerwehr s. Feuerlöschwesen (Bd. 6, S. 736 b).

Bildungswesen. P. hat 23 höhere, 114 mittlere Unterrichtsanstalten und 465 Elementarschulen. Die kaiserl. Universität (1816 gegründet) hat eine histor.-philolog., physik.-mathem., jurist. und orient. Fakultät, Bibliothek (215700 Bände), botan. Garten, Observatorium für Astronomie und Meteorologie, Laboratorien, Kabinette und (Ende 1893) 144 Docenten, 2634 Studenten und 41 Hörer. Ferner bestehen: die Geistliche Akademie (gegründet 1797) im Alexander-Newskij-Kloster mit Bibliothek, 26 Docenten und 251 Studenten; die Römisch-katholische Geistliche Akademie (1842 von Wilna nach P. verlegt) mit Bibliothek (50000 Bände) und 11 Docenten; die kaiserl. Rechtsschule (Internat, 1835 gegründet), nur für Söhne privilegierter Stände; die Militär-Juridische Akademie; das Alexander-Lyceum (1811 in Zarskoje-Selo gegründet, später nach P. verlegt), in seinen drei letzten Klassen ziemlich der jurist. Fakultät einer Universität entsprechend; das Historisch-Philologische Institut (gegründet 1867) zur Ausbildung von Gymnasiallehrern; das Archäologische Institut (gegründet 1877) zur Heranbildung von Archivaren; die Militärmedizinische Akademie mit dem Klinischen Militärhospital und dein Willjeschen Hospital (gegründet aus einem Vermächtnis von 2 Mill. Rubel des Baron Willje [1764-1854]), mit 70 Docenten, 18 Prosektoren und Assistenten und 742 Studenten; das Klinische Institut der Großfürstin Helene Pawlowna; das Praktisch-technologische Institut (1828 gegründet) mit Museum und 47 Docenten; das Institut für Straßen- und Wasserbauingenieure; das Institut für Civilingenieure (die frühere Bauschule); das Elektrotechnische Institut; das Berginstitut (gegründet 1773, reorganisiert 1834) mit Bibliothek, mineralog. Museum, 22 Docenten und 600 Studenten; das Forstinstitut; das Lehrerinstitut; die militärischen: Generalstabsakademie, Nikolajsche Ingenieur-, Nikolajsche Marine- und Michajlowsche Artillerie-Akademie. Das Konservatorium für Musik, die Akademie der Künste (gegründet 1754) mit zahlreichen Kunstschätzen, darunter die Leuchtenbergsche Gemäldegalerie und ein Museum russ. und altchristl. Altertümer. Dazu noch höhere weibliche und pädagogische Kurse. An Mittelschulen giebt es: 12 Gymnasien, 4 Militär-, 4 deutsche Gymnasien, 6 Junkerschulen, 2 Progymnasien, 5 Realschulen, 1 Lehrer-, 1 geistliches Seminar, Musik-, Theaterschule, 2 Handelsschulen, technische Schule für Post- und Telegraphenbeamte, 3 Zeichenschulen, darunter die Stiglizsche (mit einem Vermögen von mehrern Mill. Rubel aus dem Nachlaß des Stifters), 8 Mädchengymnasien, das Smolna-Institut für adlige Jungfrauen, das Katharinen-, Elisabeth-, Nikolaj- und andere Institute und zahlreiche Privatanstalten.

Die kaiserl. Akademie der Wissenschaften (s. Akademien, Bd. 1, S. 278 a) besteht aus einer physiko-mathem. Abteilung, einer Abteilung für russ. Sprache und Litteratur und einer histor.-philol. Abteilung und hat (1893) 27 ordentliche, 10 außerordentliche, 42 Ehren-, 211 korrespondierende Mitglieder, Bibliothek (160000 Bünde, 130000 Handschriften), asiat. Museum (Bücher, Handschriften in allen asiat. Sprachen, auch Münzen, Inschriften u. a.; gegründet 1818), ethnogr.-anthropol., archäol., botan., zoolog. Museum, verschiedene Laboratorien und Kabinette. Nach andern Richtungen sind thätig: die kaiserl. Freie Ökonomische Gesellschaft (seit 1765), die Geographische Gesellschaft (s. Geographische Gesellschaften, Bd. 7, S. 809 b), die Gesellschaft der Techniker, die Russisch-historische, die Naturforschende, die Entomologische, die Archäologische Gesellschaft, die Slawische Wohlthätigkeitsgesellschall (gegründet 1867), die Vereine für Landwirtschaft und Gartenbau u. a. Zu den größten Bibliotheken Europas gehört die kaiserl. Öffentliche Bibliothek (1794 mit der aus Warschau überführten Bibliothek Zaluskis begründet) mit 1,05 Mill. Bänden, 28000 Handschriften, (1889) 82649 Rubel Einnahme, 80373 Rubel Ausgabe, darunter 28494 Rubel für Erwerbungen. (Vgl. Minzloff, Ein Gang durch die kaiserl. Öffentliche Bibliothek in P., Petersb. 1872.) Unter den Museen steht obenan die Eremitage mit ihren reichen Sammlungen von Altertümern (auch aus Sibirien und Kertsch), Münzen, Skulpturen, Vasen, Waffen und besonders mit der berühmten Gemäldegalerie (s. Museum, Bd. 12, S. 103 b). Ferner sind zu nennen: die Semenowsche und die Stroganowsche Gemäldegalerie, das Landwirtschaftliche Museum, das Museum für Volksindustrie, das Pädagogische Museum mit Sälen für öffentliche Vorträge, das Zollmuseum mit ethnogr. Abteilung, das Museum der Geographischen Gesellschaft u. a.

Von den Theatern ist das kaiserl. Große Theater (1784 erbaut, zuletzt 1836 umgebaut, mit 4000 Plätzen) jetzt für das Konservatorium eingerichtet. Das Marien-Theater (1860 erbaut; 2000 Plätze) bietet russ. Vorstellungen; das Alexander-Theater (1828 erbaut; 1700 Plätze) russische, zuweilen auch deutsche Dramen; das Michael-Theater (1835 von Brüllow erbaut) ist für Drama und Lustspiel, das Kleine Theater für Operetten, das Panajewsche Theater für ital. Oper, das Volkstheater auf Wassiljewskij-Ostrow. Dazu einige Sommertheater und der Cirkus Ciniselli. Von den Klubs sind die wichtigsten: der englische, der Tanz-, der Kommerz-, der Adels-, der Jacht-Klub. Auch ein Klub deutscher