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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Phenole - Phenylhydrazin

enthalten, mit Natronlauge behandelt, so geht P. (mit seinen Homologen, besonders Kresolen) als Phenolnatrium, C₆H₅·ONa, in Lösung, welche man von ungelösten Kohlenwasserstoffen u.s. w. trennt. Aus der Lösung wird durch Salzsäure oder Kohlensäure die rohe Carbolsäure als Öl ausgefällt. Sie enthält noch Wasser, Kresole, Naphthalin, Harze u. dgl. und wird zur weitern Reinigung mit Chromsäure behandelt und nochmals destilliert. Das Destillat wird durch Abkühlen zur Krystallisation gebracht und die Krystalle auf Centrifugen von Flüssigkeit befreit. Außer im Steinkohlenteer findet sich P. auch im Holzteer; es entsteht überhaupt leicht bei der trocknen Destillation organischer sauerstoffhaltiger Substanzen. Ferner kommt es im Bibergeil und im Harn von Menschen, Kühen und Pferden vor, in letzterm in Form von phenolschwefelsaurem Kalium, C₆H₅·O·SO₃K.

Das reine P. bildet lange farblose Prismen, welche bei 42° schmelzen und bei 182° sieden. In weniger reinem Zustande nimmt es an der Luft eine rote Färbung an, deren Ursache man noch nicht kennt. Geringe Mengen von Wasser (wenige Tropfen), Naphthalin, Kresolen u. s. w. erniedrigen den Schmelzpunkt so sehr, daß das P. bei gewöhnlicher Temperatur als Flüssigkeit erscheint. Es besitzt einen eigentümlichen durchdringenden Geruch und brennenden, ätzenden Geschmack. Bei gewöhnlicher Temperatur hat es das spec. Gewicht 1,066 und löst sich in der 15fachen Menge Wasser; in jedem Verhältnisse mischt es sich mit Alkohol und Äther und über 80° auch mit Wasser. Charakteristische Reaktionen des P. sind Blaufärbung eines mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspans, vorübergehende Violettfärbung der wässerigen Lösung durch Eisenchlorid und Bildung eines weißen Niederschlages (Tribromphenol, C₆H₂Br₃·OH durch Bromwasser.

Das P. dient zur Darstellung von Salicylsäure (seit 1874), von Farbstoffen, den Phenolfarben (s. d.), und zu Desinfektionszwecken (s. Carbolsäure).

Phenōle oder Oxybenzole, aromatische Verbindungen, bei denen die Hydroxylgruppe OH Wasserstoffatome des Benzolkerns ersetzt. Je nach der Anzahl der vorhandenen Hydroxylgruppen unterscheidet man einwertige P. oder Monooxybenzole, z. B. das gewöhnliche Phenol, C₆H₅·OH, die Kresole, C₆H₄(CH₃)(OH), u. s. w.; zweiwertige P. oder Dioxybenzole, z. B. Resorcin, Hydrochinon, C₆H₄(OH)₂; dreiwertige P. oder Trioxybenzole, z. B. Pyrogallol, C₆H₃(OH)₃, u. s. w. In der Naphthalinreihe entsprechen die Naphthole, C₁₀H₇(OH), den P. Eine große Anzahl dieser Körper findet sich im Steinkohlenteer. Andere lassen sich nach verschiedenen Methoden darstellen. Werden die Salze der aromatischen Sulfosäuren mit Ätzkali oder Ätznatron geschmolzen, so tritt an die Stelle der Sulfosäuregruppe, SO₃H, die Hydroxylgruppe; so bildet sich z. B. Resorcin neben schwefligsaurem Natrium aus benzoldisulfonsaurem Natrium. Aus den aromatischen Amidoverbindungen lassen sich P. dadurch darstellen, daß man aus den erstern mittels salpetriger Säure Diazoverbindungen herstellt und diese durch Kochen mit Wasser zersetzt. Obwohl die P. den Alkoholen unter den Fettverbindungen ihrer Konstitution nach entsprechen, unterscheiden sie sich von ihnen doch wesentlich, indem sie die Eigenschaften ziemlich starker Säuren besitzen und sich in Alkalien auflösen. Außerdem sind sie aber im stande, sich mit Alkohol- und Säureradikalen zu verbinden, so Äther und Ester bildend.

Phenōlfarben oder Phenylfarben, eine Anzahl von dem Phenol oder der Carbolsäure abstammender Farben, von denen die Pikrinsäure, das Granatbraun, das Korallin und das Azurin die wichtigsten sind; in gewisser Hinsicht sind die Resorcin- und Phthaleïnfarben gleichfalls zu den P. zu rechnen. (S. auch Organische Farbstoffe.)

Phenolīth, s. Carbolsäure.

Phenōlphthaleīn, s. Phthaleïne.

Phenōlvergiftung, s. Carbolvergiftung.

Phenosafranin, s. Safranin.

Phenȳl…, in der Chemie die Bezeichnung für die einwertige Atomgruppe C₆H₅–, die nur in Verbindungen auftritt und sich vom Benzol durch den Mindergehalt eines Wasserstoffatoms unterscheidet. Mit dem Namen Phenol hat diese Benennung nichts zu thun.

Phenȳlacetamīd, soviel wie Antifebrin.

Phenȳlalkohol, s. Phenol.

Phenȳlamīn, s. Anilin.

Phenȳlbraun, s. Phénicienne.

Phenȳlcyanāt, s. Carbanil.

Phenylēn…, in der Chemie Bezeichnung für den zweiwertigen Rest C₆H₄, welcher nicht für sich existiert und sich vom Benzol, C₆H₆, ableitet.

Phenylēnblau, s. Indamine.

Phenylēnbraun, s. Bismarckbraun.

Phenylēndiamīne, C₆H₄(NH₂)₂, Diamidobenzole, von denen man drei Isomere, Ortho-, Meta- und Paraphenylendiamine, unterscheidet. Am wichtigsten ist die Metaverbindung, welche fabrikmäßig durch Reduktion von Metadinitrobenzol mit Eisen und Salzsäure dargestellt wird und zur Herstellung von Azofarbstoffen dient. Metaphenylendiamin krystallisiert, schmilzt bei 63° und siedet bei 287°. In Wasser ist es leicht löslich.

Phenȳlfarben, s. Phenolfarben.

Phenȳlhydrazīde, s. Phenylhydrazin.

Phenȳlhydrazīn, eine wegen ihrer großen Reaktionsfähigkeit wichtige, zu den Hydrazinen (s. d.) gehörige organische Base, von der Zusammensetzung C₆H₈N₂ und der Konstitution C₆H₅·NH·NH₂. Man erhält das salzsaure Salz des P. durch Reduktion von Diazobenzolchlorid in wässeriger Lösung mit Zinnchlorür und Salzsäure oder mit saurem schwefligsauren Natrium, Zinkstaub und Essigsäure. Den Vorganq stellt folgende Gleichung dar: C₆H₅·N:N·Cl + 4 H = C₆H₅·NH·NH₂·HCl. Das salzsaure Salz wird durch Alkali zersetzt, und die abgeschiedene Base durch Destillation im luftverdünnten Raume gereinigt. Das P. bildet ein nahezu farbloses dickes Öl von eigentümlichem Geruch, welches in der Kälte zu großen Krystallen erstarrt und bei 23° wieder flüssig wird. Es siedet beinahe unzersetzt bei 233°; an der Luft bräunt es sich infolge von Oxydation. In Wasser ist es schwer löslich, sehr leicht dagegen in Alkohol und Äther. Mit den Säuren bildet es gut krystallisierende Salze; das salzsaure Salz ist in starker Salzsäure sehr schwer löslich. Es reduziert schon in der Kälte die tiefblauen alkalischen Lösungen von Kupferoxyd (Fehlingsche Lösung) zu Kupferoxydul, welches sich als roter Niederschlag ausscheidet. Von besonderer Wichtigkeit ist die Wirkung des P. auf die Aldehyde und Ketone, so daß es als empfindliches Reagens auf die in diesen Verbindungen vorhandene Carbonylgruppe CO dienen kann. Der Sauerstoff dieser Gruppe vereinigt sich hierbei mit zwei Wasserstoffatomen des P. zu Wasser, und es bilden sich die in