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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Polybasit - Polychromie

folge deren ein einfacher Raumsinneseindruck als doppelter, ein doppelter als dreifacher u. s. w. empfunden wird, eine Erscheinung, die bei manchen Nerven- und Rückenmarksleiden beobachtet wird.

Polybasīt, Mineral, s. Eugenglanz.

Polybĭus, griech. Geschichtschreiber, geb. um 210 v. Chr. zu Megalopolis in Arkadien, wurde von seinem Vater Lykortas, dem vertrauten Freunde des Philopömen und nach dessen Tod Strategen des Achäischen Bundes, für die Waffen und Staatsgeschäfte erzogen. 169 v. Chr. wurde P. zum Hipparchen des Achäischen Bundes erwählt. Als nach des Perseus Besiegung (167 v. Chr.) die Römer Gewaltmaßregeln gegen den Achäischen Bund ergriffen, befand er sich unter den 1000 Geiseln, welche die Achäer 166 nach Rom schicken mußten. Erst 150 v. Chr. wurden die Geiseln entlassen, P. aber folgte seinem Gönner, dem Scipio Ämilianus, nach Afrika. Er war 146 Zeuge der Zerstörung von Korinth und bewog dann die Römer zu schonender Behandlung der achäischen Gemeinden; überhaupt war er vielfach thätig, das traurige Geschick seines Vaterlandes zu mildern. Behufs Ausarbeitung seines Geschichtswerks unternahm er Reisen nach Rhodus, Kleinasien, Ägypten, Gallien und Spanien. 134 begleitete er Scipio nochmals nach Spanien zur Belagerung von Numantia. Er starb in seiner Heimat um 127 v. Chr. infolge eines Sturzes vom Pferde.

Außer einigen verloren gegangenen Werken verfaßte er eine «Universalgeschichte» in 40 Büchern, worin er in ausführlicher Darstellung die Geschichte Roms, der Griechen und des Orients von 220 bis 146 v. Chr. mit einer einleitenden Übersicht über die Begebenheiten vom Beginn des ersten Punischen Krieges an (Buch 1 u. 2) behandelte. Von diesem Werke sind nur noch die fünf ersten Bücher in ihrer ursprünglichen Vollständigkeit erhalten, von den übrigen der erste Teil des sechsten und zahlreiche Bruchstücke. P. wird in Genauigkeit und Treue der Erzählung und im Umfang polit. und militär. Kenntnisse von keinem Geschichtschreiber des Altertums übertroffen. Unter den zahlreichen Ausgaben der sämtlichen Überreste des Werks sind die von Casaubonus (Par. 1609), Schweighäuser (8 Bde., Lpz. 1789‒95), J. Bekker (2 Bde., Berl. 1844), L. Dindorf (4 Bde., Lpz. 1866‒68; Bd. 1‒3 in 2. Aufl. von Büttner-Wobst, 5 Bde., ebd. 1882‒93) und von Hultsch (4 Bde., Berl. 1867‒73; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl., 1888‒92) hervorzuheben. Unter den Übersetzungen ist vor allen die französische von Thuillier mit den hinsichtlich des kriegswissenschaftlichen Teils wichtigen Erläuterungen von Folard (6 Bde., Par. 1727‒30; spätere Ausg., 7 Bde., Amsterd. 1774) zu erwähnen. Deutsche Übertragungen lieferten Ölsnitz und Grossel, mit den Anmerkungen Folards und Guischards (7 Bde., Bresl. und Berl. 1755‒69), Bion, ebenfalls mit den Anmerkungen Folards und Guischards (7 Bde., Wien, Prag und Triest 1759‒60), Seybold, mit Auszügen aus Folard (4 Bde., Lemgo 1779‒83), Benicken, mit Anmerkungen und bildlichen Darstellungen (Weim. 1820), Haakh und Kraz (Stuttg. 1858‒75), Campe (ebd. 1861‒63). – Vgl. Nitzsch, P. Zur Geschichte antiker Politik und Historiographie (Kiel 1842); Brandstädter, Bemerkungen über das Geschichtswerk des P. (Danz. 1843); ders., Geschichte des ätol. Landes, Volkes und Bundes, nebst einer historiogr. Abhandlung über P. (Berl. 1844); La-Roche, Charakteristik des P. (Lpz. 1857); Markhauser, Der Geschichtschreiber P., seine Weltanschauung und Staatslehre (Münch. 1858); Nissen, Kritische Untersuchungen über die Quellen der 4. und 5. Dekade des Livius (Berl. 1863); Valeton, De Polybii fontibus et auctoritate (Utr. 1879); von Scala, Die Studien des P., Ⅰ. (Stuttg. 1890).

Polyblennĭa (grch.), die Verschleimung (s. d.).

Polyborīnae, s. Geierfalken.

Polycarpen, Ordnung aus der Pflanzengruppe der Dikotyledonen, Abteilung der Choripetalen, charakterisiert durch spiralige Anordnung aller Blütenteile. Die Blüten sind fast durchgängig zwitterig und regelmäßig, enthalten zahlreiche Blumenblätter und Staubgefäße und meist auch mehrere Fruchtknoten, die sich zu einzelnen Nüsschen entwickeln, seltener miteinander verwachsen und zu einer Beerenfrucht oder Kapsel umgewandelt werden. Die Ordnung umfaßt die Familien der Lauraceen (s. d.), Berberideen (s. d.), Menispermaceen (s. d.), Myristicaceen (s. d.), Calycanthaceen (s. d.), Magnoliaceen (s. d.), Anonaceen (s. d.), Ranunkulaceen (s. d.), Nymphäaceen (s. d.). Hierzu die Tafel: Polycarpen; zur Erklärung vgl. die Artikel: Cinnamomum, Lorbeer, Berberis, Myristica, Magnolia, Nelumbium, Clematis.

Polycarpus, Heiliger, s. Polykarp.

Polycephālisch (grch.), vielköpfig.

Polychäten, s. Borstenwürmer.

Polychŏlie (grch.), übermäßige Gallenabsonderung.

Polychrēstsalz, alter Name für Kaliumsulfat.

Polychroīt, s. Crocin.

Polychrōm, Mineral, s. Pyromorphit.

Polychrŏmie (grch., d. h. Vielfarbigkeit), die Verzierung der Werke der Baukunst und Bildnerei durch bunten Farbenschmuck. Was zunächst die Baukunst anlangt, so finden sich schon in Ägypten, Babylonien, Assyrien, Phönizien sowohl die Wandflächen als auch die Säulen der Tempel mit buntgefärbten Reliefs, zum Teil auch mit eigentlichen Malereien überzogen. Offenbar unter dem Einfluß orient. Vorbilder ist auch von den Griechen dies Verfahren in Palast-, Tempel- und Grabanlagen angewandt worden; noch sind an zahlreichen Monumenten, besonders dor. Stils, deutliche Spuren erhalten. Diese Spuren sind am klarsten am Fries, wo man die Triglyphen in der Regel blau, die Metopen rot gefärbt findet; am Dachkranz (Geison), der sich mit Blatt- und Rankenverzierungen in verschiedenen Farben (hauptsächlich blau, rot, grün und gold) geschmückt zeigt, und in den dreieckigen Giebelfeldern, deren Hintergrund teils rot, teils blau erscheint, sowie an den Kapitälen und Schäften der Säulen und am Architrav. Die ältesten griech. Tempel, wie die sicilischen (zu Selinus, Akragas), sind nicht aus Marmor, sondern aus porösem Kalkstein gebaut. Dieser wurde mit einem feinen, glatten Stuck überzogen, welcher eine ähnliche Wirkung ausübt wie der Marmor. In der röm. Baukunst wird wenigstens beim Außenbau die Bemalung durch die bis ins kleinste Detail gehende plastische Ausführung der Ornamente in den Hintergrund gedrängt; aber überall, wo Stuck zur Bekleidung der Wände, Decken, Säulen und Pfeiler zur Anwendung kommt, da tritt auch die P., insbesondere als Dekorationsmalerei, wieder in ihr Recht ein. (S. Pompeji.) Mit ihr hängt eng zusammen die Anwendung farbenreicher Mosaiken (s. d.) für die Fußböden, Säulen und Wände.

In der Baukunst des Mittelalters entwickelte der roman. Stil eine reiche Bemalung der architektoni- ^[folgende Seite]