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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Provasallus; Proveditore; Provençalen; Provençalische Sprache und Litteratur; Provence

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Provasallus - Provence

ton, ehemals befestigte Stadt im Distrikt Varna des Fürstentums Bulgarien, in malerischer Gebirgsgegend der östl. Ausläufer des Balkans, links am Flusse P., der bei Varna ins Schwarze Meer mündet, an der Bahnlinie Rustschuk-Varna, hat (1888) 5088 E.; Wein- und Gartenbau. Östlich von P. lag bei Devna das antike Marcianopolis.

Provasallus (mittellat.), s. Lehnsträger.

Proveditore, s. Provveditore.

Provençalen, s. Provence.

Provençalische Sprache und Litteratur. Provençalisch heißen die verschiedenen roman. Mundarten, welche im Mittelalter und in neuerer Zeit in Südfrankreich gesprochen werden. Die Grenzen ihres Gebietes bilden im O., S. und W. die Alpen, das Mittelmeer, die Pyrenäen und der Atlantische Ocean, im N. beginnt die Grenze gegen das Französische an der Mündung der Gironde und durchzieht die Depart. Gironde, Dordogne, Obervienne, Creuse, Allier, Loire, Rhône, Isère bis Savoyen. Francoprovençalisch nennt man die in den Schweizer Kantonen Wallis, Waadt, Genf, Neuenburg und in den alten Provinzen Savoyen, Dauphiné, Lyonnais und Franche-Comté gesprochenen Volksmundarten. Der Name provençalisch hat keine geschichtliche Begründung; im Mittelalter nannte man die Sprache «Romanisch» (lenga romana, romani), später nach der Provinz Limousin «limusinisch» («lemozí»), die Bezeichnung langue d’oc, nach der Bejahungspartikel oc (= lat. hoc), findet sich bei Dante («De vulgari eloquentia»). Linguistisch wie geographisch steht das Provençalische in der Mitte zwischen den volltönenden südroman. Sprachen (Italienisch, Spanisch) und dem abgeschliffenern Französisch. Als die litterarisch am frühesten ausgebildete roman. Sprache hat die Provençalische ein besonderes Interesse. Infolge polit. Verhältnisse hörte sie seit dem 15. Jahrh. auf, in der Litteratur und Verwaltung verwendet zu werden (ausgenommen in Béarn, wo das Provençalische bis zum 17. Jahrh. herrschte). Seitdem wurde die Sprache zum Patois. Zum Teil beruhen die Verschiedenheiten zwischen dem mittelalterlichen und dem heutigen Provençalisch nur auf Abweichungen in der Schrift, zum Teil hat sich im Verlauf des 14. bis 16. Jahrh. die Grammatik und der Wortschatz des Provençalischen nicht unwesentlich verändert. Altprovençal. paire, maire, fraire werden neuprovençal. pèro, mèro, frèro; während das betonte a bewahrt wird, ist die weibliche Endung a zu einem dunkeln o geworden (altprovençal. terra, neuprovençal. terro, amada: amado) u. s. w. Die neuere Sprache ist stark vom Französischen beeinflußt. – Vgl. Raynouard, Lexique roman (6 Bde., Par. 1838‒44); Mistral, Lou Tresor dóu félibrige, ou Dictionnaire provençal-française (2 Bde., Aix und Par. 1879‒86); Suchier in Gröbers «Grundriß der roman. Philologie», Bd. 1 (Straßb. 1888); Diez, Grammatik der roman. Sprachen (3 Tle. in 1 Bd., 5. Aufl., Bonn 1889); W. Meyer-Lübke, Grammatik der roman. Sprachen (2 Bde., Lpz. 1890‒94); Levy, Provençal. Supplement-Wörterbuch. Berichtigungen und Ergänzungen zu Raynouards Lexique roman (ebd. 1892 fg.); K. Bartsch, Chrestomathie provençale (5. Ausg., Berl. 1892). Der alt- und neuprovençal. Philologie ist die «Revue des langues romanes» gewidmet.

Das älteste poet. Denkmal des Provençalischen ist das Bruchstück von 257 Versen eines Gedichts über Boëthius, aus dem Ende des 10. Jahrh., am besten hg. von Diez («Altroman. Sprachdenkmale», Bonn 1846). Die Blütezeit der Litteratur beginnt Ende des 11. und reicht bis zum Schluß des 13. Jahrh. Ihren Mittelpunkt bildet die höfische Lyrik der Troubadours (s. d.), während die epische Poesie ihren Schwerpunkt in Nordfrankreich hat; doch fehlt es auch im Süden nicht an epischen Dichtungen, Romanen, Legenden, didaktischen Gedichten, wozu noch eine reiche Prosalitteratur kommt. Von der Volkspoesie jener Zeit, die in den Händen der Jongleurs (s. d.) war, sind nur vereinzelte Spuren überliefert. Die polit. Ereignisse des 13. Jahrh. zerstörten die polit. wie litterar. Selbständigkeit Südfrankreichs; zwar bemühte sich die zünftige Dichterschule in Toulouse seit dem Anfang des 14. Jahrh., die nationale Poesie zu erhalten (s. Jeux floraux), vermochte ihr aber kein Leben einzuhauchen. In neuerer Zeit ist jedoch das Provençalische wieder zu litterar. Gebrauch gelangt, und einzelne Dichter, wie Goudouli, Cyprian Despourrins (geb. 1698), Joseph Roumanille, Jacques Jasmin und Frédéric Mistral, sind berühmt geworden. – Vgl. Diez, Leben und Werke der Troubadours (Zwickau 1826; 2. Aufl., Lpz. 1882); Fauriel, Histoire de la poésie provençale (3 Bde., Par. 1846); Böhmer, Die provençal. Poesie der Gegenwart (Halle 1870); Bartsch, Grundriß zur Geschichte der provençal. Litteratur (Elberf. 1872); Körting, Encyklopädie der roman. Philologie, Tl. 3 (Heilbr. 1886); Restori, Letteratura provenzale (Mail. 1891).

Provence (spr. -wángß, lat. Provincia), ehemalige Provinz des südöstl. Frankreichs, die von Piemont, dem Mittelmeer, Languedoc, Venaissin und der Dauphiné begrenzt wurde und 22000 qkm umfaßte, bildet jetzt im allgemeinen die drei Depart. Basses-Alpes, Var und Bouches-du-Rhône. Das Land wird nach allen Seiten hin von Ausläufern der Alpen, Alpinen genannt, durchzogen und durchströmt von den Flüssen Rhône, Durance, Var. Die in der südlichen P. sich ausbreitenden Alpinen heißen hier Maures. An ihrem Fuße liegt die steinige Ebene Crau (s. d.). Das eigentliche Rhônedelta, die Camargue (s. d.), ist ein Marschland mit fetten Weiden. Temperatur, Bodenbeschaffenheit und Fruchtbarkeit sind in den Teilen der P. sehr verschieden. Während der Norden bei feuchtem, veränderlichem Klima und steinigem Boden nur geringen Ackerbau hat und nur stellenweise Wein und Südfrüchte hervorbringt, hat der Süden der P. ein mildes Klima, treffliche Seiden- und Bienenzucht, ausgebreiteten Getreide-, Wein- und Olivenbau, auch Fischerei, Ziegen- und Schafzucht. Außer dem vorzüglichen Provenceröl (s. Olivenöl) gedeihen hier die edelsten Südfrüchte, Feigen und Perdrigonen, Mispeln, Maulbeeren, Kastanien, Mandeln, Citronen, Orangen, welsche und Haselnüsse, Kapern, Süßholz, Trüffeln, Rosinen und Wein. Weniger bedeutend ist, weil es an guten Weiden fehlt, die Rindvieh- und Pferdezucht. Die Bewohner der P. (Provençālen) unterscheiden sich, besonders von den Nordfranzosen, durch ihren Volkscharakter und durch eine eigene Sprache und Litteratur (s. Provençalische Sprache und Litteratur).

Die Römer benannten Provincia Gallia oder bloß Provincia, im Gegensatz zu dem freien Gallien, jenen Teil des Transalpinischen Galliens, den sie zuerst 122 v. Chr. eroberten, und der die jetzige P., Dauphiné und Languedoc umfaßte. Auch nachdem