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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Realstatuten - Reber

unterscheiden Realgymnasien (s. d.), Oberrealschulen (s. d.), Realprogymnasien (frühere höhere Bürgerschulen), R. (früher R. zweiter Ordnung mit siebenjähriger Lehrdauer) und höhere Bürgerschulen mit sechs Jahreskursen ohne Unterricht im Latein. In den letztgenannten Anstalten wird durch das Bestehen der Entlassungsprüfung die wissenschaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst nachgewiesen, während das Zeugnis für Obersekunda der Oberrealschule und Prima der Realschule die gleiche Berechtigung ergiebt. Unzweifelhaft wird sich die Zahl der Oberrealschulen in kurzer Zeit in den nichtpreuß. Ländern bald vermehren. In diesen haben sich die Reallehranstalten mehr und mehr den preuß. Einrichtungen angeschlossen; Sachsen ist in Entwicklung seiner den preuß. höhern Bürgerschulen entsprechenden R. voraus. In Österreich zerfallen die Reallehranstalten in Unter- und Oberrealschulen; jene sind Vorbereitungsschulen für die Oberrealschulen und zugleich selbständige Bürgerschulen; diese haben nicht die Aufgabe, zu Universitätsstudien vorzubereiten. Im Deutschen Reiche gab es 1892: 14 Oberrealschulen, 64 R., 107 höhere Bürgerschulen.

Realstatuten (Statuta realia), s. Örtliche Kollision der Gesetze oder Statuten (Bd. 12, S. 660 b).

Realsteuern, soviel wie Ertragssteuern (s. d.).

Realsystem, in der Behördenorganisation im Gegensatz zu dem Provinzialsystem diejenige Gliederung der Behörden, bei welcher die Verteilung der Geschäfte unter die höhern Stellen nach der sachlichen Verschiedenheit derselben erfolgt.

Realunion, s. Bundesstaat und Union.

Realwert, der wirkliche Wert einer Sache, z. B. einer Münze nach ihrem Gehalt, im Gegensatz zum Nominalwert (s. d.). – Über R. eines Gebäudes s. Bautaxe.

Realwörterbücher, s. Encyklopädie (Bd. 6, S. 99 a).

Rear-admiral (engl., spr. rihr äddmĭrĕl), soviel wie Konteradmiral.

Rea Silvĭa (Rhea Silvia) oder Ilia, nach der gewöhnlichen Sage von Roms Gründung die Tochter des Numitor, die von ihrem Oheim Amulius, nachdem dieser seinen Bruder des Throns von Albalonga beraubt hatte, dem Dienste der Vesta und damit der Jungfrauschaft geweiht wurde, aber infolge der Umarmung des Mars die Zwillinge Romulus und Remus gebar.

Reassekuránz (neulat.), soviel wie Rückversicherung (s. d.).

Reassumtion (neulat.), in der frühern Rechtssprache die Aufnahme des Prozesses durch den Erben, nachdem der Prozeß durch den Tod einer Partei unterbrochen worden war. (S. Unterbrechung.)

Reāt (lat. reatus), That, die einen in Anklagezustand versetzt; auch dieser Zustand selbst.

Reāte, uralte ital. Stadt, heute Rieti (s. d.), einer der Hauptorte der Sabiner, später ein röm. Municipium, Geburtsort des Marcus Terentius Varro, der daher Reatinus benannt wird. Die Gegend von R. (ager Reatinus) wurde von den Alten gerühmt wegen ihrer Fruchtbarkeit und Anmut, besonders nachdem 280 v. Chr. durch Ableitung des Velinusflusses (s. Terni) die Seen und Sümpfe trocken gelegt waren.

Réaum., hinter naturwissenschaftlichen Namen Abkürzung für Réaumur (s. d.).

Réaumur (spr. reomühr), René Antoine Ferchault de, Physiker und Zoolog, geb. 28. Febr. 1683 zu La Rochelle, studierte anfangs die Rechte, wendete sich aber dann den Naturwissenschaften zu und ging 1703 nach Paris, wo er 1708 Mitglied der Akademie wurde. Er starb 18. Okt. 1757 auf seinem Landgute Bermondière in der Landschaft Maine. In den «Mémoires» der Akademie von Paris erschien 1709 R.s Schrift «De la formation et de l’accroissement des coquilles des animeaux», worin er zuerst zeigte, daß die Schalen der Schaltiere aus dem Erhärten eines Saftes entständen, der aus den Poren dieser Tiere dringe. Seine Versuche über die Verwandlung des Eisens in Stahl leiteten ihn auf die Methode, Gußeisen in Schmiedeeisen umzuwandeln, die er 1722 in einer eigenen Schrift beschrieb. Bei seinen Bemühungen, das japan. Porzellan nachzuahmen, erfand er das nach ihm genannte matte Glas (Réaumursches Porzellan, s. Entglasung). Den größten Ruhm aber erwarb er sich 1730 durch Anfertigung seines Weingeistthermometers und eine neue Einteilung der Skala, die auch beibehalten wurde, als man später den Weingeist mit dem Quecksilber vertauschte. (S. Thermometer.) Sein bedeutendstes Werk sind die «Mémoires pour servir à l’histoire naturelle des insectes» (6 Bde., Par. 1734‒42).

Rebât, Stadt in Marokko, s. Rabat.

Rebbes, s. Chasidim.

Rebekka (hebr. Ribkâ), nach der israel. Sage die Gattin Isaaks (s. d.), Tochter Bethuels. Als Mutter des Esau und Jakob wandte sie nach der Sage ihrem jüngern Sohne Jakob durch List den für den Erstgeborenen bestimmten Segen des Vaters zu. – R. und ihre Söhne oder auch Rebekkaīten hießen nach 1 Mos. 24, 60 in England, und zwar in Wales, Aufständische, die seit 1843 sich namentlich der Erhebung der Wegegelder widersetzten.

Rebéll (lat.), Empörer, Aufrührer; Rebellion, Empörung (s. Aufruhr).

Rebendolde, Pflanzengattung, s. Oenanthe.

Rebenschwarz, soviel wie Frankfurter Schwarz.

Rebenstecher oder Weinstockrüsselkäfer (Rhynchites alni Müller, s. nachstehende Abbildung), ein kleiner 5‒6,5 mm langer, metallisch blau, grün oder kupfrig glänzender Rüsselkäfer mit ungeknickten Fühlern, welcher auf vielen Laubhölzern und auch auf dem Weinstock lebt und hier oft großen Schaden anrichtet. Im Frühjahr nährt er sich von den zartesten Blättern und im Juni sticht das Weibchen die Stiele und Rippen der Weinblätter an, legt hier seine Eier ab und rollt das Blatt tütenartig zusammen. Nach etwa acht Tagen schlüpft die Larve aus und verzehrt das vertrocknete Blatt.

^[Abb. Rebenstecher]

Rebenstein, A., Pseudonym von Aaron Bernstein (s. d.).

Reber, Franz von, Kunsthistoriker, geb. 10. Nov. 1834 zu Cham in der bayr. Oberpfalz, habilitierte sich 1859 in München, wurde 1863 außerord., 1869 ord. Professor der Kunstgeschichte und Ästhetik am Polytechnikum zu München; 1875 übernahm er außerdem die Central-Galeriedirektion. Er schrieb: «Die Ruinen Roms und der Campagna» (Lpz. 1863; 2. Aufl. 1879), «Geschichte der Baukunst im Altertum» (ebd. 1866), «Kunstgeschichte des Altertums» (ebd. 1871; ergänzt in der engl. Übersetzung von J. Th. Clarke, Lond. und Neuyork 1882), «Geschichte der neuern deutschen Kunst» (Stuttg. 1876; 2. Aufl., 3 Bde., Lpz. 1884), «Kunstgeschichte des Mittelalters» (Lpz. 1886; englisch 1887), den «Katalog der Gemäldesammlung der Alten Pinakothek in München»