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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Reichensperger; Reichenstein

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Reichensperger - Reichenstein

fluß der Berchtesgadener Sole nach R. geleitet, während von hier aus die Salinen zu Traunstein und Rosenheim versorgt werden. Die Salzproduktion betrug (1893) 8000 t. R. wird seit 1846 wegen seiner milden ozonreichen Luft und seiner Sole als Kurort viel besucht (1894 etwa 8000 Kurgäste). Es hat zahlreiche große Badeanstalten für Solbäder, darunter Bad Achselmannstein, ferner Inhalationsanstalten für Sole und Latschendämpfe, ein Gradierwerk (290 m lang, 22 m breit) mit Anlagen, vorzüglich eingerichtete pneumat. Kammern, einen Konversationspavillon, Wandelbahn und Trinkhalle und 15 Solquellen, die 16 m unter der Erde entspringen und von denen die Edelquelle 24 Proz. Salz enthält. Das Brunnenhaus enthält die großartigen Pumpwerke und eine Kapelle im byzant. Stil mit neuen Glasbildern; in der Nähe die großen Sudhäuser. Nahebei die Schloßruinen Plain und Karlstein, die Schlösser Marzoll und Stauffeneck sowie das ehemalige Augustinerkloster St. Zeno, jetzt Erziehungsinstitut der Englischen Fräulein mit uraltem roman. Portal und Kreuzgang. Zu den besuchtesten Punkten der Umgebung zählen Salzburg, Berchtesgaden, der Königsee und Hintersee, die Ramsau, Melleck und das Mauthäusl. – Vgl. G. von Liebig, R., sein Klima und seine Heilmittel (6. Aufl., Reichenhall 1889); von Chlingensberg-Berg, Das Gräberfeld von R. (ebd. 1890); Goldschmidt, Der Kurort Bad R. und seine Umgebung (Wien 1892); Bühler, Bad R. und seine Umgebung (11. Aufl., Reichenhall 1892).

Reichensperger, August, Parlamentarier und Kunsthistoriker, geb. 22. März 1808 zu Koblenz, studierte 1827‒30 zu Bonn, Heidelberg und Berlin die Rechte, war seit 1835 Assessor in Koblenz, seit 1841 am Appellgericht in Köln, wurde dann Landgerichtsrat in Trier, 1849 Appellationsgerichtsrat in Köln und trat 1875 in den Ruhestand. R. war 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments, wo er anfangs zur sog. Casinopartei gehörte, jedoch als Gegner eines deutschen Kaisertums später aus dieser ausschied. Im Erfurter Parlament stimmte er gegen das Unionsprojekt. In der preuß. Volkskammer vertrat er vorzugsweise das kath. Interesse. Dem Minister von Raumer gegenüber vereinigte er 1852 die kath. Abgeordneten zu einer besondern Fraktion, deren Führer er zugleich mit seinem Bruder Peter wurde. 1867 wurde er zu Aachen in den Norddeutschen Reichstag gewählt, dann auch wieder in das preuß. Abgeordnetenhaus und 1871 in den Deutschen Reichstag, wo er bis 1884 als einer der Führer der Centrumspartei eine bedeutende Rolle spielte. Nebenher trieb R. eifrig kunstwissenschaftliche Studien und unterstützte namentlich die Sache des Kölner Dombaues; er regte die Gründung von Dombauvereinen an, war 1841‒71 Sekretär des Centraldombauvereins, stiftete 1842 das «Kölner Domblatt» und machte Propaganda für die Gotik als den echten deutschen Kunststil. Seine hierher gehörigen Schriften sind: «Einige Worte über den Dombau zu Köln» (1840), «Die christl.-german. Baukunst und ihr Verhältnis zur Gegenwart» (Trier 1845; 2. Aufl. 1852), «Fingerzeige auf dem Gebiete der christl. Kunst» (Lpz. 1855), «Vermischte Schriften über christl. Kunst» (ebd. 1856), «Zur neuern Geschichte des Dombaues in Köln» (Köln 1881). Von seinen sonstigen kunstkritischen und polit. Schriften sind zu nennen: «Die Kunst, jedermanns Sache» (Frankf. a. M. 1865; 2. Aufl., Wegberg 1391), «Georg Gottl. Ungewitter und sein Wirken als Baumeister» (Lpz. 1866), «Shakespeare, insbesondere sein Verhältnis zum Mittelalter und zur Gegenwart» (Münster 1871), «Phrasen und Schlagwörter»(5.Aufl., Paderb. 1872), «Über das Kunsthandwerk» (Köln 1875), «Über monumentale Malerei» (ebd. 1876), «A. W. N. Pugin, der Neubegründer der christl. Kunst in England» (Freib. i. Br. 1877), «Die Bauhütte des Mittelalters» (Köln 1879), «Parlamentarisches über Kunst und Kunsthandwerk» (ebd. 1880), «Zur Profan-Architektur» (ebd. 1866), «Zur Charakterisierung des Baumeisters Friedrich, Freiherrn von Schmidt» (Düsseld. 1891). – Vgl. außerdem Reden der Gebrüder August und Peter R. (Regensb. 1858).

Reichensperger, Peter Franz, Parlamentarier, Bruder des vorigen, geb. 28. Mai 1810 zu Koblenz, studierte zu Bonn und Heidelberg Jura, wurde 1836 Landgerichtsassessor in Koblenz, später in Elberfeld, 1843 Landgerichtsrat in Koblenz, 1850 Appellationsgerichtsrat in Köln und war seit 1859 Rat beim Obertribunal in Berlin bis zu dessen Auflösung 1879. R. saß 1848 im deutschen Vorparlament auf konservativer Seite und gehörte darauf in der preuß. Nationalversammlung zu den Führern der Rechten. Im Parlament zu Erfurt kämpfte er gegen die Union. Im preuß. Abgeordnetenhause, dessen Mitglied (erst für Geldern, dann für Olpe) R. seit 1849 ununterbrochen war, stand er seinem Bruder bei der Gründung der kath. Fraktion zur Seite; den reaktionären Tendenzen des Ministeriums Manteuffel leistete er entschiedenen Widerstand und im Kampf über die Militärorganisation und den sich hieran knüpfenden Verfassungskonflikt stand er auf der Seite der vereinten Liberalen. Als Mitglied des Norddeutschen Reichstags war er einer der Mitbegründer und Führer der kath. Fraktion und gehörte auch im Deutschen Reichstage, wo er gleichfalls seit 1871 ständig den Wahlkreis Olpe vertrat, wie im preuß. Abgeordnetenhause zu den namhaftern Wortführern der Centrumspartei. Er starb 31. Dez. 1892 zu Berlin. R. schrieb: «Über Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Schwurgerichte» (Köln 1842), «Die Agrarfrage aus dem Gesichtspunkte der Nationalökonomie, der Politik und des Rechts» (Trier 1847), «Die preuß. Nationalversammlung und die Verfassung vom 5. Dez.» (Berl. 1849), «Entwurf eines Hypothekengesetzes für die Rheinprovinz» (Köln 1851), «Kulturkampf oder Friede» (4. Aufl., Berl. 1876), «Die Zins- und Wucherfrage» (ebd. 1879), «Erlebnisse eines alten Parlamentariers im Revolutionsjahre 1848» (ebd. 1882), «Die Gemeingefährlichkeit der in Aussicht gestellten Erhöhung der Kornzölle» (ebd. 1888). – Vgl. Reden der Gebrüder August und Peter Franz R. (Regensb. 1858).

Reichenstein, Stadt im Kreis Frankenstein des preuß. Reg.-Bez. Breslau, ehemals Freie Bergstadt, an der österr. Grenze und am Nordabhang des Reichensteiner Gebirges, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Glatz), hat (1890) 2203 E., darunter 236 Evangelische, Post, Telegraph, zwei kath., eine evang. Kirche, Krankenhaus, Waisenhaus, Hospital, Wasserleitung, Kanalisation; Pulver-, Zündholz- und Holzschachtelfabrikation, Kalköfen und Ziegeleien. In dem Berge «Der Goldene Esel» ein Arsenikbergwerk mit Poch-, Seih- und andern Werken, das älteste des preuß. Staates. Ursprünglich wurde auf Gold gebaut. Das Reichensteiner Gebirge oder Schlesische Grenzgebirge zieht auf der östl. Seite der Grafschaft Glatz, durch den Durch- ^[folgende Seite]