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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rumänien

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rumänien'

liegt die Hauptstadt Bukarest. Von den rumän. Flüssen sind nur Donau und Pruth schiffbar. Erstere bildet die Hauptverkehrsader des Landes und ist bis Braila für Seeschiffe zugänglich. Alle andern sind nur flößbar. Die wenig ausgedehnte Küste hat keine sichern Häfen; als solche dienen die Donauhäfen.

R. hat ein sehr kontinentales Klima, strenge, langdauernde Winter (Januar –1° im Westen, –3° im Osten des Landes), ungemein heiße Sommer (Juli 22–23°C.), Temperaturen von –30° und +40°C. sind nicht selten. Die Jahrestemperatur beträgt 11 bis 9°C. Die Donaumündungen sind zwei Monate durch Eis gesperrt. Die Niederschlage sind gering (unter 600 mm). Charakteristisch ist die große Trockenheit des Landes. Oft giebt es acht- und mehrwöchige regenlose Perioden, die der Landwirtschaft großen Schaden verursachen. Rings um die Außenseite der Karpaten ausgebreitet zeigt die Flora und Kulturproduktion hier die Verhältnisse der südruss. Steppen in mannigfaltiger Berührung und Mischung mit den mitteleurop. Wäldern, in denen hier die Buchengrenze von Polen kommend den ganzen Unterlauf der Donau ausschließend umkreist.

Bevölkerung. R. hat auf 131000 qkm 6218000 E. Davon entfallen auf die Moldau 38100 qkm und 2130000E., die Walachei 77300 qkm und 3900000 E., die Dobrudscha 15000 qkm und 180000 E. Die Landbevölkerung beträgt 5398153 Seelen, die Stadtbevölkerung 819847 Seelen. Andere, ebenso unsichere Zahlungen ergaben 5038000 E. Der Nationalität nach sind Rumänen (s. d., 5 ½ Mill.), Juden (400000), Zigeuner (200000), Bulgaren (100000), Ungarn (50000), Deutsche (39000), Griechen und Armenier (je 15000) u.s.w. Die Mehrzahl der Bevölkerung bekennt sich zur griech.-orthodoxen Kirche; Römisch-Katholische sind 115000, Protestanten 14000, Mohammedaner 2000. Heiraten fanden (1893) 48804, Geburten und Todesfälle (ohne Totgeborne) 222652 und 170251 statt, was eine natürliche Vermehrung von 52401 ergiebt. Bukarest ist die einzige Großstadt; über 20000 E. haben noch 8 Orte.

Erwerbszweige. Ackerbau und Viehzucht stehen obenan. Es gedeihen sämtliche europ. Getreidearten vorzüglich, besonders der Mais. 1894 war eine Fläche von 4234754 ha mit Körnerfrüchten und andern Nutzpflanzen bestellt, 614312 ha wurden als Wiesen benutzt.

Frucht-Anbau-ErnteFrucht-Anbau-Ernte
artflächeartfläche
1000 ha1000 ha1000 ha1000 ha
Weizen139315 360Hanf1090
Roggen1602 033Lein72261
Mais176710 534Kartoffeln1144*
Gerste5595 958Bohnen6127*
Hafer2633 531Erbsen22*
Hirse9259Rüben122*
Raps23224Tabak43*
* In 1000 t. Die Ziffern für Hanf u.s.w. sind von 1890/91.

Das J. 1894 war außerordentlich ungünstig; gegen das Vorjahr brachte Mais einen Minderertrag von 144, Weizen 38 und Gerste 111 Proz. Der Weinbau ist bedeutend (1891: 159589 ha mit 3,557 hl Ernte), aber durch die Reblaus sehr gefährdet. Ausgedehnte Eichen-, Fichten- und Buchenwälder sind noch immer ein großer Reichtum des Landes. Der Bergbau beschränkt sich auf die besonders reichen Steinsalz- und Petroleumlager der tertiären Hügelregion. An Salz (Staatsmonopol) aus vier ↔ Bergwerken (Ocnele Mari, Dostana, Slanicu, [Targu-]Ocna) wurden 1892: 85 ½ Mill. kg gewonnen (58 ½ Mill. Landeskonsum, 27 Mill. Ausfuhr nach Serbien und Bulgarien). Petroleum wird bei Ploësci, Targoviştea, Buzau, Monteoru und Bakau ausgebeutet, schwarzer schillernder Bernstein in Buzau, Bausteine in Campulung, Sinaia, (Targu-) Ocna, Tarcau. Nicht unbedeutend ist die Zahl der Mineralquellen und Bäder (Baltatesti, Slanik, Lacul Sarat, Govora, Calimanesci). Die Industrie ist erst im Werden: eine bedeutende Mühlenindustrie versieht das Inland und liefert Ware zur Ausfuhr; die Regierung hat zwei Tabakfabriken und eine Zündhölzchenfabrik; zwei Tuchfabriken (Buhuşu, Azuga) und zwei Papierfabriken (Bakau, Busteni) nehmen großen Aufschwung; auch entwickeln sich Seifen-, Kerzen-, Zuckerfabriken, Kunsttöpferei, Branntweinbrennerei und Bierbrauerei. Vielfach hat sich Hausindustrie verbreitet, Webereien und Stickereien in Gebirgsorten.

Handel und Verkehr. Trotz der bedeutenden Getreideausfuhr hat R. eine passive Handelsbilanz. Die Einfuhr betrug 1890: 302, 1891: 436, 1892: 380, 1893: 430 Mill. Frs. Die Ausfuhr 275, 274, 285, 370 Mill. Frs. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind: Web- und Wirkwaren (1893: 168 Mill. Frs.), Metalle und Metallwaren (90), Kolonialwaren und Zucker (22), Lederwaren (16), Mineralien (15), keramische und Glaswaren (14), chem. Stoffe (12), Papier und Papierwaren (14), Öle und Fette (11), Kautschuk- und Guttaperchawaren (5), Holzwaren (8), Mahlstoffe (5), Konserven und Delikatessen (4 Mill. Frs.). In der Ausfuhr steht Getreide mit 339 Mill. Frs. obenan, es folgen Früchte, Gemüse u.s.w. (7), Tiere und tierische Nahrungsmittel (6), Brennstoffe (2), Getränke (1,4), Metalle und Metallwaren (1,2 Mill. Frs.). Die wichtigsten Verkehrsländer (Handel in Mill. Frs.) sind:

Verkehrs-Ein-Aus-Verkehrs- Ein-Aus-
länderfuhrfuhrländer fuhrfuhr
Deutschland118131Rußland114,0
Österreich-Ungarn11037Belgien2270,0
Großbritannien9480Italien914,0
Frankreich358Griechenland20,6
Türkei u. Bulgarien1818Schweiz80,6

Unterstützt wird der Handel durch die Nationalbank mit ihren Succursalen, die ländlichen und die städtischen Bodenkreditanstalten. Münzeinheit ist der Lëi=Frank; das metrische System ist seit 1876 eingeführt, doch bedient man sich noch vielfach der alten türk. Maße. Gold ist sehr selten.

Die eigene Handelsflotte bestand (1894) aus 327 Fahrzeugen mit 62053 t, darunter 30 Dampfern mit 2797 t. Im ganzen liefen 1893 in die rumän. Häfen, vor allem in Braila und Galatz, 32385 Schiffe mit 8,1 Mill. t ein. Die Schiffahrt auf der Donau untersteht der Europäischen Donaukommission (s. d.). Die Post hat 368 Bureaus und beförderte 16 Mill. Briefe, 9 Mill. Postkarten, 8,3 Mill. Drucksachen und Warenproben. Die 436 Telegraphenbureaus besitzen 12879 km Drähte und beförderten 1,65 Mill. Depeschen. Über die Eisenbahnen s. Rumänische Eisenbahnen.

Verfassung, Verwaltung und Finanzen. R. Ist eine konstitutionelle Monarchie. Die Verfassung vom 12. Juli 1866 wurde 1878 und 1884 revidiert. Der Thron des Königs (Rege) ist erblich nach dem Erstgeburtsrecht in der männlichen Nachkommenschaft des Königs Karol von Hohenzollern. Derselbe

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 16.