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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ruszt - Rutherglen

Ruszt (Rust), Stadt mit geordnetem Magistrat und dem Titel königl. Freistadt im ungar. Komitat Ödenburg, am Neusiedlersee, hat (1890) 3810 meist deutsche E. und ist berühmt durch ihren Wein, den Ruszter Ausbruch. (S. Ungarische Weine.)

Ruta. L., Raute, Pflanzengattung aus der Familie der Rutaceen (s. d.) mit gegen 40, besonders in den Mittelmeerländern weit verbreiteten Arten, ausdauernde Kräuter oder Halbsträucher mit meist dreizähligen oder gefiederten und durchscheinend punktierten Blättern. Die Blüten sind gelb; die Frucht ist eine fünfknopfige, vielsamige Kapsel. Die an sonnigen, steinigen Plätzen im ganzen südlicheren Europa wachsende gemeine, Garten- oder Weinraute (R. graveolens L., . Tafel: Terebinthinen, Fig. 2) mit grünlichgelben Blüten und ovallänglichen Blättchen wird häufig in Gürten gezogen, riecht frisch äußerst stark, fast widrig aromatisch, schmeckt unangenehm bitterlich-scharf und enthält ein scharfes ätherisches Öl. Die Blätter waren früher offizinell. Hier und da dient sie, wie schon bei den Römern, als Gewürz an Speisen und gilt als magenstärkendes Mittel. Getrocknet ist die Pflanze fast ganz geruch- und geschmacklos. Die am Mittelmeer heimische Bergraute (R. montana L.) ist noch weit schärfer und kann äußerlich Entzündungen erregen. Der aromatische Geruch und Geschmack aller Rautenarten rührt von dem Rautenöl (Oleum Rutae) her, das in den als durchsichtige Punkte erscheinenden Drüsen der Blätter und in andern Pflanzenteilen enthalten ist.

Rutaceen, Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Terebinthinen (s. d.) mit gegen 600 Arten in den wärmeren Teilen der gemäßigten Zonen und in den Tropen, Bäume oder Sträucher, seltener krautartige Pflanzen, mit meist zusammengesetzten Blättern, durch reichlichen Gehalt an ätherischen Ölen ausgezeichnet. Die Blüten sind in der Regel zwittrig und regelmäßig, bestehen aus Kelch- und Blumenblättern, in ein oder zwei Kreise geordneten Staubgefäßen und vier bis fünf Fruchtblättern. Die Frucht ist kapsel-, selten beerenförmig ausgebildet. Zu den R. rechnet man als Unterfamilien auch die Diosmeen und Aurantiaceen.

Rute, Ruthe, früheres deutsches Raummaß, das vorzüglich als Feldmaß in Anwendung kam und eine in den einzelnen Staaten verschiedene Anzahl von Fuß (s. d.) hatte. - Gegenwärtig ist R. (Rode) ein gesetzliches Maß nur noch in Dänemark, wo sie 10 Fuß = 3,1385 m hat, sowie in Großbritannien und Irland, ferner in den Vereinigten Staaten von Amerika unter dem Namen Pole, Perch, Rod oder Lug; sie hat in Großbritannien und Irland 5½ Yards oder 16½ engl. Fuß = 5,0291 m, in den Vereinigten Staaten aber 5 Yards oder 15 engl. Fuß = 4,572 m.

Rute, in der Anatomie, s. Geschlechtsorgane. In der Jägersprache bezeichnet R. den Schwanz und das männliche Geschlechtsglied vom Raubwild und Hund; auch der Schwanz des Eichhörnchens heißt R.

Rute, Bezirksstadt im Süden der span. Provinz Cordoba in Andalusien, links vom Anzul (rechten Zufluß des Genil) und am Westfuß der Sierra de Priego, in fruchtbarer Gegend, hat (1887) 10553 E., Marmorbrüche und nahebei Reste einer got. Festung.

Rutenkraut, s. Ferula.

Rutensegel, s. Segel.

Ruth, die Heldin eines anmutigen Idylls im Alten Testament, das in der griech. Bibel als ergänzender Anhang zum Buche der Richter betrachtet wird und daher neben diesem seinen Platz erhalten bat. Dieser Anordnung folgt die Vulgata und Luthers Bibel. R. ist eine Moabiterin, die nach dem Tode ihres Mannes, eines Judäers, die Heimat verließ und ihrer Schwiegermutter Naemi nach deren Geburtsort Bethlehem folgte, wo ein Verwandter ihres verstorbenen Gatten, Boas, sie heiratete. Durch diese Ehe, der ein Sohn Obed, der Großvater des Königs David, entsprang, wurde sie die Stammmutter des judäischen Königshauses. Hierin liegt der Zweck des Idylls, nämlich die im Samuelisbuche fehlende Genealogie Davids nachzuholen. Daß man David von einer glaubensstarken Profelytin der Vorzeit herleitet, entspricht den Tendenzen der nachexilischen Zeit, in die das Buch auch durch andere Anzeichen gewiesen wird. Historisch ist sein Inhalt kaum.

Ruthe, s. Rute.

Rüthen, Stadt im Kreis Lippstadt des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, unweit rechts der Möhne, auf dem bewaldeten Abhange des Haarstrang, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Paderborn), hat (1890) 1859 E., darunter 21 Evangelische und 35 Israeliten, Post, Telegraph, zwei kath. Kirchen, Hospital, Sparkasse, kath. Lehrerseminar, Präparandenanstalt, Seminarübungs-, Rektorschule; Zigarrenfabrikation , Brauereien, Branntweinbrennerei und Sandsteinbrüche.

Ruthenen, Russinen oder Rußniaken, die kleinruss. Bewohner Galiziens und Ungarns, die zu beiden Seiten der Karpaten westlich über den San und östlich bis in die Bukowina hinein wohnen. Sie selbst nennen sich einfach Russen. (S. Kleinrussen.) Die Anzahl der R. im österr. Kaiserstaate beläuft sich (1890) auf 3105221, wovon 2835674 auf Galizien, 268307 auf die Bukowina, 383392 auf die Länder der Ungarischen Krone kommen. Die Städte des Landes sind von Polen und Juden bewohnt; der Adel ist polonisiert. Die R. bekennen sich größtenteils zur griech.-unierten Religion. - Vgl. Bidermann, Die ungarischen R., ihr Wohngebiet, ihr Erwerb und ihre Geschichte (Tl. 1 und Tl. 2, Heft 1, Innsbr. 1862 und 1868); Szujski, Die Polen und R. in Galizien (Wien und Teschen 1882); Kupczanko, Die Schicksale der R. (Lpz. 1887); Kaindl und Monastyrski, Die R. in der Bukowina (Czernowitz 1890).

Ruthenische Literatur, s. Kleinrussische Literatur.

Ruthenium (chem. Zeichen Ru; Atomgewicht 103,8), ein von Claus 1845 in den russ. und amerik. Platinerzen entdecktes Metall. Es erscheint nach seiner Trennung vom Platin, Palladium, Iridium, Osmium und Rhodium als ein metallglänzender, grauweißer, poröser, dem Iridium ähnlicher Körper, ist spröde, nächst dem Osmium am schwersten schmelzbar von allen den genannten Platinmetallen, in Säuren fast unlöslich und hat das spez. Gewicht 11,0-11,4. Unter allen Platinmetallen hat das R. die größte Neigung, sich mit Sauerstoff zu verbinden. Mit Schwefel verbunden findet sich das R. in kleiner Menge in der Natur im Laurit (s. d.). Seine Verbindungen sind denen des Osmiums ähnlich.

Rutherglen (spr. röthörglenn oder rögglen), Stadt in der schott. Grafschaft Lanark, links am Clyde, südöstl. Vorort von Glasgow (s. d.) mit 13083 E., hat Baumwollspinnerei und -Weberei, Musselinweberei, Färberei, Kattundruckerei und in der Nähe große Kohlen- und Eisenwerke.