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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Symbōlische Bücher

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Symbolische Bücher

bestand auf das eigentümliche Grundprincip der betreffenden Kirche zurückzugehen, andererseits die Ausbildung des Lehrbegriffs auch über die Grenzen der symbolisch fixierten Artikel hinaus und mit Herbeiziehung der ältern dogmatischen Lehrdarstellungen zu verfolgen. Insbesondere ist auf Veranlassung der Möhlerschen S. das Wesen des Protestantismus und sein Gegensatz zum Katholicismus, sowie innerhalb der evang. Kirche selbst durch Schneckenburger, Zeller, Schweizer, Baur u. a. der Lehrunterschied der luth. und reform. Kirche zum Gegenstande der sorgfältigsten Forschungen gemacht worden. Neuerdings beginnt man die S. in den Umfang einer umfassenden Disciplin der «vergleichenden Konfessionskunde» aufzunehmen, welche die Analogie der «vergleichenden Religionswissenschaft» auf das besondere Gebiet des Christentums anwendet. – Vgl. Marheineke, Christliche S. (1. Tl. u. d. T. «Das System des Katholicismus in seiner symbolischen Entwicklung», 3 Bde., Heidelb. 1810‒14); ders., Institutiones theologiae symbolicae (Berl. 1812; 3. Aufl. 1830); Winer, Komparative Darstellung des Lehrbegriffs der verschiedenen christl. Kirchenparteien (Lpz. 1824; 4. Aufl., von Ewald, 1882); Köllner, S. aller christl. Konfessionen (2 Bde., Hamb. 1837‒44); Möhler, Symbolik (Mainz 1832; 11. Aufl. 1890; englisch von Robertson, 1894); Matthes, Komparative S. (Lpz. 1854); Rud. Hofmann, Symbolik (ebd. 1857); Reiff, Der Glaube der Kirchen und Kirchenparteien (Bas. 1875); Scheele, Theologische S. (3 Tle., Gotha 1881‒82); Philippi, Symbolik (Gütersloh 1883); Herm. Schmidt, Handbuch der S. (Berl. 1890); Öhler, Lehrbuch der S. (2. Aufl., hg. von Th. Herrmann, Stuttg. 1891); F. Kattenbusch, Lehrbuch der vergleichenden Konfessionskunde, Bd. 1 (Freib. i. Br. 1892); Plitt, Grundriß der S. (3. Aufl., Lpz. 1893); K. Müller, S. Vergleichende Darstellung der christl. Hauptkirchen (ebd. 1896).

Symbōlische Bücher, öffentliche, von einer Kirche sanktionierte Schriften, die den Lehrbegriff derselben im Unterschiede von andern kirchlichen Gemeinschaften darlegen, somit als Glaubensbekenntnisse und als Erkennungszeichen (s. Symbol) der Gläubigen dienen. Schon früh wurde es in der christl. Kirche gebräuchlich, bei der Aufnahme in das Christentum ein Glaubensbekenntnis ablegen zu lassen, das die Hauptlehren der christl. Religion, insbesondere den Glauben an Vater, Sohn und Heiligen Geist aussprach, zuerst im Gegensatz zum Heiden- und Judentum, bald jedoch auch im Gegensatz zu den innerhalb der Christenheit selbst auftretenden Gnostikern (s. Gnosis). Die theol. Streitigkeiten der Folgezeit nötigten dann die Kirche, immer neue Bestimmungen zur Abwehr von Irrlehren in das Glaubensbekenntnis aufzunehmen. Dadurch entstanden neue Symbole, die von den Kirchenversammlungen entworfen und sanktioniert wurden.

Drei ältere Symbole werden von allen Hauptparteien der christl. Kirche angenommen: 1) das Apostolische Symbolum (s. d.); 2) das Symbolum von Nicäa (Nicänisches Glaubensbekenntnis, 325), das auf der Synode zu Konstantinopel (381) mit einigen Erweiterungen bestätigt wurde und daher das Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum heißt (s. Arianer); 3) das Athanasianische Symbolum (s. d.). – Die römisch-katholische Kirche betrachtet die Schlüsse aller rechtgläubigen ökumenischen Synoden, die Schriften der Kirchenväter und die Dekretalen der Päpste, sofern sie sich auf die Lehre und Sitte der Kirche beziehen, als Erkenntnisquellen und Autorität für die geltende Lehre. Als eigentliche kath. Bekenntnisschriften aber wurden seit der Reformation folgende aufgestellt: 1) Die Canones et Decreta oecumenici et generalis concilii Tridentini (s. Tridentinisches Konzil), deren unbedingte Annahme Pius Ⅳ. allen Gläubigen anbefahl. 2) Die Professio fidei Tridentinae von Pius Ⅳ. (13. Nov. 1564). 3) Der Catechismus Romanus ex decreto concilii Tridentinii ad parochos. 4) Die Definitionen des Vatikanischen Konzils (s. d.) vom Universalepiskopat und unfehlbaren Lehramte des Papstes. Über die S. B. der griech.-kath. Kirche s. Griechische Kirche.

Die evangelisch-protestantische Kirche behielt in ihrer Gesamtheit die alten drei Symbole bei. Doch stellte zunächst die lutherische Kirche im Gegensatz zur römisch-katholischen ihre Unterscheidungslehren bestimmter zusammen. Ihre S. B. sind zusammengefaßt im Konkordienbuch (s. d.). Vor der Entstehung desselben fanden sich in verschiedenen Ländern andere Sammlungen von S. B. in Gebrauch, unter denen hervorzuheben sind: Corpus doctrinae Philippicum (nach Phil. Melanchthon [s. d.] benannt, auch Misnicum, Saxonicum, Wittenbergense; Corpus doctrinae Pomeranum; Prutenicum; Thuringicum; Brandenburgium; Wilhelminum und Julium für Braunschweig (s. Corpus doctrinae). Die luth. Gemeinden außerhalb Deutschlands, besonders in Dänemark, Schweden und Frankreich, haben meist die Augsburgische Konfession (s. d.) angenommen.

Die reformierte Kirche hat fast in allen Ländern, wo sie besteht, eigene Bekenntnisschriften aufgestellt und kein durchaus allgemein gültiges Symbolisches Buch. Über die verschiedenen S. B., die sich in der reform. Kirche gebildet haben, s. Reformierte Kirche und Katechismus. Sammlungen dieser Bücher finden sich in: «Corpus et syntagma confessionum fidei, quae in diversis regnis et nationibus ecclesiarum nomine fuerunt authentice editae» (Genf 1654); «Collectio confessionum in ecclesiis reformatis publicatarum », hg. von Niemeyer (Lpz. 1840). Auch die kleinern kirchlichen Parteien, wie die Mennoniten, Socinianer, Arminianer u. a. haben S. B. zusammengestellt, deren Autorität aber meist keine ganz bindende war. – Vgl. Winer, Komparative Darstellung des Lehrbegriffs der verschiedenen christl. Kirchenparteien (Lpz. 1824; 4. Aufl., von Ewald, 1882).

Ihrer Entstehung wie ihrem ursprünglichen Zwecke nach sind die kirchlichen Symbole im Protestantismus nur Zeugnisse und Bekenntnisse des Glaubens einer bestimmten Zeit; da man aber in den theol. Streitigkeiten alle Lehrer der Kirche auf ihren Wortlaut verpflichtete, so kam man schon zu Ende des 16. Jahrh. dazu, ihnen eine unbedingte Autorität beizulegen. Die Voraussetzung hierbei war ihre völlige Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift, deren authentische Auslegung die Symbole sein sollten. Doch enthielten jene Symbole neben den religiösen Grundsätzen des Protestantismus auch theol. Lehrsätze und Erörterungen, deren Wert mit der Weiterentwicklung der dogmatischen Vorstellungsform des Reformationszeitalters streitig werden mußte. Man begann deshalb im 18. Jahrh. sich von dieser Fessel loszumachen und half sich eine Zeit lang mit der Auskunft, daß die Geistlichen auf