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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Theodorshalle - Theodosius II. (byzantinischer Kaiser)

Italien erfreute sich dauernder Ruhe und so sorgsamer Verwaltung, daß Ackerbau, Handel und Gewerbe wie Kunst und Wissenschaft eine neue Blüte zeigten und der Unternehmungsgeist längst verlassene und versumpfte Strecken zu kultivieren begann. Doch gewann T. die Römer nicht für sich. Als nun Kaiser Justin die Arianer, T.s Glaubensgenossen, verfolgte und ihm der röm. Bischof, den T. deshalb nach Konstantinopel schickte, nicht kräftig genug dagegen gewirkt zu haben schien, ließ T. in heftigem Zorn den Bischof ins Gefängnis werfen sowie den Philosophen Boethius und dessen Schwiegervater Symmachus wegen des Verdachts hochverräterischer Verbindungen mit Konstantinopel 525 hinrichten. T. starb 26. Aug. 526 und wurde bei Ravenna in einem noch erhaltenen großartigen Mausoleum (s. Tafel: Altchristliche Kunst II, Fig. 1) beigesetzt. Aber der Fanatismus der rechtgläubigen Katholiken ließ nach dem Siege der Byzantiner über die Ostgoten später dem Leichnam keine Ruhe, und die Asche des großen Königs ward in alle Winde zerstreut. Da T. keine Söhne hinterließ, ging das Reich auf seinen minderjährigen Enkel Athalarich über, für den seine Mutter Amalasuntha, die Tochter T.s, die Vormundschaft führte. T. ist eine Lieblingsgestalt der deutschen Heldensage geworden. Unter dem Namen Dietrich (s. d.) von Bern ist er der Mittelpunkt eines Sagenkreises, der durch das ganze Mittelalter sich fortbildete. - Vgl. Dahn, Die Könige der Germanen, Abteil. 3 (Würzb. 1866); Deltuf, Théoderic, roi des Ostrogoths et d'Italie (Par. 1869); Kaufmann, Deutsche Geschichte bis auf Karl d. Gr. (2 Bde., Lpz. 1880-81); Hodgkin, Theodoric the Goth (Neuyork und Lond. 1891); Pfeilschifter, Der Ostgotenkönig T. d. Gr. und die kath. Kirche (Münster 1896).

Theodorshalle, Saline bei Kreuznach (s. 0.).

Theodorus von Mopsuestia, griech. Kirchenlehrer, das eigentliche Haupt der Antiochenischen Schule, aus Antiochia gebürtig, durch den heidn. Philosophen Libanius gebildet, wurde Mönch, später Diakonus zu Antiochia und 393 Bischof von Mopsuestia in Cilicien, wo er 429 starb. Seine theol. Richtung war allen idealistischen Spekulationen abgewandt; er vertrat das Recht der histor. Forschung. Als Hauptvertreter des Pelagianismus und des Nestorianismus wurde er auf dem Konzil zu Konstantinopel 533 als Ketzer verdammt. Er war der erste Exeget seiner Zeit und verband mit dem Streben nach treuer Erfassung des wörtlichen Sinns eine damals schon fast unerhörte Freimütigkeit der histor. Kritik, die neben seinen dogmatischen "Ketzereien" wohl die Hauptursache geworden ist, daß seine zahlreichen Werke frühzeitig untergingen. Von seinen exegetischen Schriften sind noch Fragmente vorhanden; seinen Kommentar über die zwölf kleinen Propheten gaben Wegnern (Bert. 1834) und Mai in der "Scriptorum veterum nova collectio", Bd. 6 (Rom 1832), seine Kommentare zum Neuen Testament Fritzsche (Zür. 1847), Pitra (Par. 1852), Jacobi (Halle 1855-60), Suete (2 Bde., Cambr. 1880 u. 1882), die syr. Fragmente Sachau (Lpz. 1869) heraus. Baethgen wies außerdem syr. Kommentare zu den Psalmen und zum Johannesevangelium von T. nach. - Vgl. Fritzsche, De Theodori Mopsuestiani vita et scriptis (Halle 1837); Kihn, T. von Mopsuestia und Junilius Africanus (Freib. i. Br. 1880).

Theodorus Laskaris, Kaiser von Nicäa, s. Laskaris.

Theodor von der Ammer, Pseudonym von Karl Freiherrn von Perfall (s. d., Bd. 17).

Theodosia, s. Feodosia.

Theodosianer, Sekte, s. Raskolniken.

Theodosianische Mauer, s. Konstantinopel.

Theodosianischer Codex, s. Theodosius II.

Theodosiopolis, s. Erzerum.

Theodosius I., der Große, röm. Kaiser (379-395), wurde 346 n. Chr. zu Cauca im nördl. Spanien geboren. Sein ausgezeichneter Vater Flavius Theodosius hatte unter Valentinian I. Britannien 367-370 vortrefflich regiert und glücklich gegen die Picten und Scoten verteidigt, darauf 373-375 einen Aufstand in Afrika niedergeworfen, war aber zu Anfang 376 unter Kaiser Gratian durch Intriguen gestürzt und zu Karthago unschuldig hingerichtet worden. Der Sohn diente zuerst unter seinem Vater und erhielt 374 das Kommando in Mösien. Nach Ermordung des Vaters ging er nach Spanien zurück, wo er als Privatmann lebte, bis nach der Niederlage des Kaisers Valens durch die Goten bei Adrianopel (378) der nunmehrige Herr des Gesamtreichs, Gratian, 19. Jan. 379 ihn zur Mitregentschaft berief und ihm den Osten überwies. T. setzte den furchtbaren Verheerungen der Goten in den Ländern südlich von der Donau durch energische Kriegführung und kluge Unterhandlungen allmählich (bis 382) ein Ziel, freilich um den Preis, daß die Germanen als freie Verbündete, nicht als Unterthanen in die Grenzen des Römerreichs aufgenommen wurden. Als dann Gratian 383 durch Maximus, der in Britannien und Gallien als Usurpator auftrat, gestürzt wurde, erkannte T. den Sieger vorläufig an und verlangte nur, daß Gratians Bruder, Valentinian II., unter der Vormundschaft seiner Mutter Justina, Afrika, Italien und Illyricum behielt. Aber 387 brach Maximus in Italien ein; T., der jetzt in zweiter Ehe die schöne Galla, die Tochter der nach dem Ostreiche geflüchteten Justina, heiratete, zog ihm 388 entgegen, besiegte ihn und ließ ihn hinrichten. Zum Verwalter des Westens unter Valentinian bestellte T. seinen bewährten fränk. Feldherrn Arbogast. Indessen geriet dieser bald mit Valentinian in Zwist, ließ ihn 392 töten und erhob einen Heiden, den Rhetor Eugenius, zum Kaiser. Wieder mußte T. gewaltsam einschreiten, er schlug 394 den Arbogast bei Aquileja, Eugenius wurde gefangen und enthauptet. T. vereinigte nun zum letztenmal das gesamte Römerreich unter einheitlicher Herrschaft; aber schon 17. Jan. 395 starb er zu Mailand, nachdem er seinen ältern Sohn Arcadius im Osten, den jüngern Honorius im Abendland als Nachfolger bestimmt hatte. Der Beiname der Große ist T. von Kirchengnaden zu teil geworden. Thatkräftig und glücklich als Feldherr, hat er als fanatischer Nicäaner das Heidentum direkt verboten und verfolgt und sich der Kirchengewalt gebeugt. Berühmt ist die Kirchenbuße, der er sich gegenüber dem Bischof Ambrosius von Mailand unterwarf, nachdem er im April 390 zur Strafe für eine blutige Meuterei in Thessalonich ein grauenhaftes Blutbad hatte anrichten lassen. - Vgl. Güldenpenning und Ifland, Der Kaiser T. d. Gr. (Halle 1878).

Theodosius II. oder der Jüngere, Enkel des vorigen, folgte, erst 7 J. alt, 1. Mai 408 n. Chr. seinem Vater Arcadius als oström. oder byzant. Kaiser. Für ihn, der seine Zeit am liebsten zwischen Andachtsübungen, Übungen im Schönschreiben (daher