Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tier

834

Tier

bilder von seiner Hand, die sorgfältiger angeordnet und tiefer durchgeistigt sind, finden sich in vielen Galerien, z. B. in Wien, Berlin, München, Würzburg, Madrid, Petersburg, Venedig und andern Orten. Auch die Radierungen des Künstlers sind voll Originalität, Leben und Geist. Seine Söhne Giovanni Domenico, 1726-95, und Lorenzo, 1728 bis nach 1777, haben gleichfalls Namen, ersterer als Radierer, letzterer, der aber auch in Padua und andern Orten thätig war, als Gehilfe des Vaters in Spanien. - Vgl. Molmenti, Acque-forti del T. (Vened. 1896); Leitschuh, Giovanni Battista T. (Würzb.1896); Meißner, Tiepolo (Bielef.1897).

Tier (lat. animal). Nach einer uralten Einteilung gehören sämtliche Naturkörper zu einem der drei Reiche: Mineral-, Pflanzen- und Tierreiche. Unter diesen sondern sich wieder T. und Pflanzen als organische Wesen von den Mineralien als anorganischen. Während diese als starre, nur durch Ansetzen von außen wachsende Massen und, mit Ausnahme der Krystalle, auch ohne bestimmte Form in allen Teilen gleichartig sind, bestehen T. und Pflanzen als Einzelwesen oder als Kolonien, Stöcke oder Kormen, deren Existenz durch mannigfaltige Lebenswerkzeuge (Organe) vermittelt wird. Sie zeigen sowohl Anfang als Ende ihres Daseins und ersetzen sich durch eine aus ihnen entwickelte Nachkommenschaft, sie entwickeln unter Verbrauch ihrer Stoffe Kraft und müssen die verloren gegangenen Stoffe durch Ernährung wieder ersetzen. Der Körper der Pflanzen wie der T. baut sich auf aus gemeinsamen Formelementen, den Zellen (s. d.), nur die niedersten bestehen aus einer einzigen Zelle, wodurch es oft schwer wird zu entscheiden, ob man es in einem besondern Falle mit einer Pflanze oder einem T. zu thun hat, und man hat für diese zweifelhaften Wesen ein besonderes Reich, das der Urtiere (s. d.), aufgestellt. Alle T. haben freie willkürliche Bewegung, sei es im ganzen als Ortsbewegung oder in einzelnen Teilen, sie haben Empfindung, ernähren sich von organischen oder von an diesen gebundenen anorganischen Stoffen, wachsen und pflanzen sich fort. Bei den niedersten T. besteht der Leib aus einer einzigen Zelle, die alle Funktionen des tierischen Lebens verrichtet. Ihre nicht in allen Teilen gleichmäßige Substanz ist kontraktil und vermittelt durch ihre Zusammenziehungen die Ortsbewegung, reagiert gegen äußere Einflüsse, empfindet mithin, und ernährt sich durch Austausch der Stoffe der Außenwelt mit ihren eigenen. Bei den höhern T. besteht der Körper aus mehrern, aus der ursprünglichen Eizelle durch fortgesetzte Teilung hervorgegangenen Zellen, die, zufolge der Arbeitsteilung, meist partienweise (Gewebe), den besondern Funktionen dienstbar sind. Die Zellen bleiben entweder, aber seltener, frei (Blutzellen, Eier, Samenzellen, Skelettkörper der Kiesel- und Kalkschwämme u. s. w.), oder sie bilden Aggregate als Epithelien, Bindegewebe (Gallertgewebe, faseriges und genetztes Bindegewebe, Hyalin- und Faserknorpel, Knochen), Muskelgewebe (glattes unwillkürliches oder vegetatives und quergestreiftes, willkürliches oder animales) und Nervengewebe. Das Nervengewebe und die äußern Epithelien gehen aus dem äußersten, die innern Epithelien aus dem innersten, Binde- und Muskelgewebe, Blut, meist auch die Geschlechtszellen aus dem mittelsten der drei Keimblätter hervor. Die Gewebe vereinigen sich in verschiedenem Umfange zu Organen und Organkomplexen. Die Organe unterscheiden sich nach ihren Funktionen als Organe der Erhaltung der Art, Fortpflanzungsorgane und Organe der Erhaltung des Individuums. Diese letztern zerfallen wieder in vegetative, vom Bewußtsein nicht abhängige und animale, vom Bewußtsein abhängige, mit ihm verbundene. Die erstern sind: Verdauungs-, Cirkulations- (inkl. Blut-), Secernierungs- und Atmungsorgane, die letztern Bewegungs- und Empfindungsorgane. Die Bewegungsorgane setzen sich aus aktiven, den die Muskeln innervierenden und den Willen vermittelnden Bewegungsnerven und passiven, dem Willen gehorchenden Muskeln und Nährorganen zusammen. Die Empfindungsorgane bestehen aus den äußern Reiz aufnehmenden und aus vermittelnden Teilen (Sinnesorgane und Empfindungsnerven). Die Sinne kommen in verschiedenem Umfange bei den T. vor. Entweder es ist nur ein Sinn, der Gefühlssinn, in der ganzen Körperoberfläche vorhanden, oder es tritt eine Arbeitsteilung ein, indem sich zunächst der Gefühlssinn an besondern, oft über die Körperoberfläche hervorragende Teile (Tastwerkzeuge) stärker als Tastsinn lokalisiert, an andern zur Wahrnehmungsfähigkeit von hell und dunkel, weiter von Farben als Sehorgane (s. Auge), an wieder andern in Gestalt eingestülpter, Feuchtigkeit, öfter auch feste Körper enthaltender Bläschen als Gehörorgane (s. Gehör) differenziert. Während man Gefühl, Gesicht und Gehör als physikalische, auf Bewegung der Stoffe reagierende Sinne bezeichnen kann, sind Geruch und Geschmack chemische, d. h. es muß sich ihnen der wahrzunehmende Stoff unmittelbar als solcher mitteilen. Das Gefühl setzt sich eigentlich aus mehrern Sinnen zusammen (Sinn für Temperatur, Druck, Schwere u. s. w.) und ist teilweise auch ein chemischer, indem es z. B. auf Ätzungen reagiert. Zur Ernährung des tierischen Körpers wirken Verdauungs-, Cirkulations-, Atmungs- und Abscheidungsorgane zusammen.

Viele T. nähren sich bloß von Pflanzen und Pflanzenteilen, andere bloß von lebendig gefangenen T., andere von Aas, von Knochen, Federn, Haaren, von Säften der Pflanzen und T., vom Kot (Koprophagen) anderer T., wieder andere genießen gemischte Kost. T., die auf ein einziges Nahrungsmittel angewiesen sind, nennt man monophag, solche, die allerlei fressen, polyphag oder häufiger omnivor (alles fressend), fleischfressende heißen carnivor, pflanzenfressende phytophag oder herbivor. Carnivore T. können länger hungern als herbivore. In der Regel sind bei mehrzelligen T. besondere Verdauungsorgane vorhanden, nur gewissen, im Nahrungsbreie lebenden, auf osmotischem Wege sich ernährenden fehlen sie (z. B. Bandwürmern). Im einfachsten Falle ist der Verdauungsapparat ein sackartiger Hohlraum des Körpers, dessen Öffnung als Mund und After zugleich funktioniert, der seine Wandungsoberfläche durch seitliche Nischen, selbst radiär verlaufende Kanäle (s. Cölenteraten) vergrößern kann; bei Schwämmen (s. d.) durchbrechen die Kanäle die äußere Oberfläche des Körpers und die so entstandenen Öffnungen (Poren) dienen zur Aufnahme von Wasser nebst in ihm enthaltener Nahrung und Sauerstoff. Meist indessen erscheinen die Verdauunqsorgane von dem übrigen Körper durch einen Zwischenraum (Leibeshöhle, Cölom) getrennt und besitzen eine besondere, die Nahrung aufnehmende (Mund) und die unverwertbaren Stoffe abgebende Öffnung (After). So stellen die Verdauungs-^[folgende Seite]