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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Verstand; Verstärkung; Verstärkungsflasche; Verstauchung; Versteck; Verstecktkiemer; Versteigerung

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Verstand - Versteigerung

oder oberflächlich in Stahl überzuführen. Im erstern Falle wird an den Stellen, die der Härte bedürfen (z. B. bei Amboßen und Hämmern auf der Bahn, bei Schneideinstrumenten in der Nähe der Schneide), Stahl an- oder aufgeschweißt, was man auch Anstählen oder Vorstählen nennt. Im zweiten Falle glüht man die Gegenstände längere Zeit in einer Umgebung von Kohlenpulver, wobei sie Kohlenstoff aufnehmen und oberflächlich zu Stahl werden (das sog. Einsetzen), oder bestreut sie im glühenden Zustande mit gepulvertem gelbem Blutlaugensalz, wodurch sich gleichfalls eine dünne Stahlschicht bildet. Uneigentlich spricht man vom V. gestochener Kupferplatten, wenn man auf dieselben auf galvanoplastischem Wege eine äußerst dünne Schicht reinen Eisens niederschlägt, wonach sie eine viel größere Anzahl (5000‒15000) Abdrücke aushalten. Ist die zwar sehr dünne, aber dennoch äußerst harte Eisenschicht abgenutzt, so kann die nämliche Platte beliebig oft von neuem verstählt werden, ohne daß sie irgendwie darunter leidet.

Verstand, Intellekt, das Vermögen des Verstehens oder der Einsicht, wird in der Philosophie hauptsächlich in Gegensatz gestellt zur Sinnlichkeit (s. d.) als der bloßen Aufnahme des gegebenen Stoffs der Eindrücke oder Empfindungen. Der scharfe Unterschied der Verstandesauffassung der Dinge gegen die bloß sinnliche liegt in der Einheit des geistigen Blicks, in der das Mannigfaltige der sinnlichen Erscheinungen zusammengefaßt und zum Gegenstande vereinigt wird. Dieser Vorgang heißt Synthesis, die daher der eigentliche Ausdruck der Verstandesfunktion ist. Kant unterscheidet Sinnlichkeit und V. so, daß er der erstern bloß Rezeptivität (Empfänglichkeit), dem letztern Spontaneität (Selbstthätigkeit) zuschreibt, was zunächst nur besagen will, daß das Verstehen die eigentümliche Leistung der Erkenntnis und nicht durch den in der bloßen Sinnlichkeit gegebenen Stoff zugleich gegeben ist. Der erkenntnismäßige Ausdruck der synthetischen Einheitsfunktion des V. sind die Begriffe, die, in Beziehung auf die dadurch begriffenen Erscheinungen, Gesetze heißen. Durch Begriff und Gesetz wird in der Wissenschaft der Gegenstand der Erscheinung oder das, was darin erscheint, nicht bloß erreicht, sondern gleichsam erst geschaffen. So ist der V. das beherrschende, ja schöpferische Princip der Erkenntnis der Gegenstände; doch schafft er nicht aus Nichts, sondern nur aus Gegebenem und bleibt daher auf die Sinnlichkeit und deren eigentümliche Gesetze (Raum und Zeit) jederzeit angewiesen; isoliert von ihr liefert er keinen wirklichen Gegenstand mehr (s. Noumenon, Intelligibel), sondern bloß noch die leere Form der Gegenständlichkeit. In ihrer Beziehung auf die Gesetze der Sinnlichkeit aber gliedert sich die Einheitsfunktion des V. in eine Reihe zusammengehöriger Funktionen, welche Kant in seinem System der Kategorien oder reinen Verstandesbegriffe und der entsprechenden Grundsätze zu ordnen, genau zu formulieren und abzuleiten unternommen hat. Vom V. unterscheidet dann Kant als noch höheres, doch genau mit ihm in Verbindung stehendes Vermögen die Vernunft (s. d.). – Vgl. Zahn, Über die Kantsche Unterscheidung von Sinn, V. und Vernunft (Jena 1875).

Verstärkung der Hölzer, ein Holzverband (s. d.), der in wagerechtem oder senkrechtem Sinne erfolgen kann, im erstern Fall zur Bildung hölzerner Träger und Balken, im letztern Fall zur Herstellung tragfähiger hölzerner Säulen. Man unterscheidet den verdübelten Balken (Fig. 1) und den verzahnten Balken (Fig. 2). Über armierte Balken, Gitterträger, Parallelträger u. s. w. s. Träger. Senkrecht stehende, aus zwei und mehrern Teilen hergestellte Verbandhölzer, Säulen, Ecksäulen und Bundsäulen eines Fachwerkbaues werden durch schmiedeeiserne Bolzen und hölzerne Doppelkeile fest miteinander verbunden.

^[Fig. 1.]

^[Fig. 2.]

Verstärkungsflasche, elektrische, soviel wie Leidener Flasche (s. d.).

Verstauchung (Distorsio), in der Chirurgie die gewaltsame, aber nur unvollständige Trennung der Gelenkflächen der Knochen voneinander, eine unvollständige Verrenkung (s. d.), die sogleich von selbst und ohne Zuthun der Kunst reponiert wird. Nicht selten ist die V. mit Knochenbrüchen und Zerreißung von Gelenkteilen, insbesondere Gelenkbändern, und mit Blutaustretung verbunden, auch zieht sie zuweilen Entzündung des Gelenks mit ihren Folgen nach sich. Jede heftigere V. verlangt, um schädliche Folgen zu verhüten, zunächst die größte Ruhe des Gelenks (Anlegung eines Verbandes) und kalte Überschläge, solange als noch Schmerz vorhanden ist, dann aber ist Massage (s. d.) mit aktiven und passiven Bewegungen sobald als möglich anzuwenden.

Versteck und Hinterhalt, im militär. Sinne versteckte Aufstellungen zum Zwecke des Überfalls (s. d.). Versteck nennt man eine solche Aufstellung an einem Punkt, an dem der Gegner vorbei kommen muß, um dann plötzlich über ihn herzufallen. Bei einem Hinterhalt zieht man sich vom Feinde gefolgt zurück, stellt ebenfalls eine Abteilung verdeckt auf, während eine andere den Gegner in die Gegend locken soll, in der der Hinterhalt gelegt ist.

Verstecktkiemer, s. Cryptobranchiata.

Versteigerung, das Verfahren, welches darauf abzielt, durch Erlangung von Geboten und Übergeboten für eine ausgebotene Sache oder eine Pachtung den möglichst hohen Preis, bei Vergebung von Lieferungen durch Erlangung von Geboten und Mindergeboten (Submission, s. d.) den möglichst niedrigen Preis zu erzielen. (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §§. 156, 383‒386, 489, 753, 935, 966, 975, 980, 981, 1219, 1220, 1235 fg.) In der Regel sind die Gebote in einem Termine mündlich, bei Submissionen innerhalb einer Frist schriftlich abzugeben. Die V. kann innerhalb eines bestimmten Kreises, z. B. unter den Erben, oder öffentlich erfolgen (das Deutsche Bürgerl. Gesetzb. §. 383 nennt öffentliche V. die durch einen öffentlich angestellten Versteigerer oder einen Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten Beamten geschehende). Eine öffentliche V. beweglicher Sachen wird Auktion (s. d.), eine öffentliche und gerichtliche V. unbeweglicher Sachen Subhastation (s. d.) genannt. Die V. kann eine freiwillige oder eine Zwangsversteigerung sein, letztere im Zwangsvollstreckungsverfahren zur Befriedigung von Gläubi- ^[folgende Seite]