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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vinckebooms - Vineta

lamentarischen Wirken huldigte V. liberalen Grundsätzen. In dem 1859 entstandenen Konflikt über die Heeresorganisation strebte er nach Vermittelung der Gegensätze. V. starb 18. Mai 1869 zu Berlin. Er schrieb: "Über Kommunal- und Polizeiverwaltung in den Landgemeinden Niederschlesiens" (Bresl. 1845), "Die Patrimonial- und Polizeigerichtsbarkeit aus dem Lande in den östl. Provinzen des preuß. Staates" (ebd. 1847) und "Die Reorganisation des preuß. Heerwesens" (Berl. 1864).

Vinckebooms, vläm. Maler, s. Vinck-Boons.

Vin de glacier (frz., spr. wäng dĕ glaßĭeh), s. Gletscherwein.

Vindelicia, ursprünglich das Land der wahrscheinlich zur kelt. Völkergruppe gehörigen Vindeliker, die vom Lech (Licus) bis zum Inn und von den Rhätischen und Bayrischen Alpen bis zur Donau wohnten. Bekannt sind von ihren Stämmen die Brigantier im W., die Runicaten im N., und mehr nach S. die Consuanten, die Licates mit der Bergfestung Damasia (jetzt Hohenems) u. a. m. Die Vindeliker wnrden 15 v. Chr., zu derselben Zeit, wo Augustus' Stiefsohn Drusus Rhätien unterwarf, von dessen Bruder Tiberius überwältigt, das Land zu Rhätien (s. d.) geschlagen. Nach der Unterwerfung hatte Tiberius einen großen Teil der jungen Mannschaft weggeführt; unter den Zurückgebliebenen wurden Römer angesiedelt, und röm. Besatzungen erhielten an verschiedenen Punkten ihren Standort. Der bedeutendste Ort war Augusta Vindelicorum, das heutige Augsburg, das frühzeitig emporblühte. Unterhalb des im 2. Jahrh. nördlich vorgelegten "Limes" wurde die Linie der Donau durch starke Festungen geschützt; so zuerst Reginum, Regina Castra (Regensburg, im 7. Jahrh. Ratisbona), dann Serviodorum (Straubing) und Bojodurum, das als Standort einer batav. Kohorte den Namen Castra Batava (daher später Passau) erhielt. Nach dem Sturz der röm. Herrschaft nahmen Bayern das Land östlich, Sueven und Alamannen das Land westlich vom Lech in Besitz.

Vindhya, s. Windhjagebirge.

Vindikanten (lat.), Separatisten ex jure domini, s. Aussonderung.

Vindikation (lat.), die Klage des Eigentümers auf Herausgabe seiner Sache gegen deren Besitzer. Der Ausdruck vindicare kommt ans dem röm. Prozeßrecht zur Zeit der Legisaktionen. Der Streit um die Sache wurde durch einen Scheinkampf eingeleitet, bei welcher eine symbolische Gewalt durch Auflegung der vindicta, eines die Lanze vertretenden Stabes, erst von der einen und sodann von der andern Seite (contravindicare) geübt wurde. Vim dicere heißt: Gewalt zeigen. Damit hängen die Ausdrücke vindex, vindiciae. vindicare, vindicta zusammen. Vindex ist der Dritte, der den verhafteten Schuldner befreit; vindiciae bedeutet den von dem Prätor für die Dauer des Prozesses regulierten Besitzstand. (S. auch Eigentumsklage.) Übertragen ist die V. auf sog. unkörperliche Sachen. So sagt man, daß eine Erbschaft, also der Inbegriff von Sachen und Vermögensrechten, oder eine Dienstbarkeit vindiziert wird.

Vindikationslegat, nach röm. Recht das Vermächtnis einer Sache, wenn der Vermächtnisnehmer das Eigentum, nicht bloß eine Forderung an den Belasteten auf Hergabe der Sache erwirbt.

Vindizieren (lat.), ein Recht geltend machen, etwas für sich oder einen andern in Anspruch nehmen (s. Vindikation).

Vindobona, der alte Name für Wien; auch Name des 231. Planetoiden.

Vinea, Petrus de, s. Petrus de Vinea.

Vinet (spr. wineh), Alexandre Rodolphe, französischer prot. Theolog und Literarhistoriker, geb. 17. Juni 1797 zu Ouchy im Waadtland, studierte in Lausanne, wurde 1817 Lehrer der franz. Sprache und Litteratur am Gymnasium, später auch Professor an der Universität in Basel und 1837 Professor der praktischen Theologie an der Akademie in Lausanne. Schon von Basel aus beteiligte er sich an der in Genf, Waadt und andern Kantonen im Anfang der zwanziger Jahre sich ausbreitenden methodistisch-religiösen, später sog. freikirchlichen Bewegung. Mit hinreißender Beredsamkeit trat er für Religions- und Gewissensfreiheit sowie für Trennung der Kirche vom Staate und eine größere Selbständigkeit der erstern ein. Infolge des Sieges des polit. Radikalismus in Lausanne legte er 1845 seine Professur nieder und war fortan an der Gründung und Organisation der freien Kirche im Waadtland beteiligt. V. starb 4. Mai 1847 zu Clarens am Genfer See. Er schrieb: "Mémoire en faveur de la liberté des cultes" (Par. 1826; deutsch von Volkmann, Lpz. 1843), "Discours surquelques sujets religieux (Par. 1831 u. ö.; deutsch von Bonin, Bresl. 1847), "Essai sur la manifestation des convictions religieuses et sur la séparation de l'Église et de l'État" (Par. 1842 u. ö.; deutsch von Spengler, Heidelb. 1845), "Études evangéliques" (Par. 1847), "Théologie pastorale" (ebd. 1850 u. ö.; deutsch von Hasse, Lpz. 1852), "Nouvelles études évangeliques" (Par. 1851 u. ö.), "Homilétique" (ebd. 1853; deutsch von Schmid, Bas. 1857), "Hstoire de la prédication parmi les réformés de France an 17e siecle" (Par. 1860), "Chrestomatie française" (3 Bde., Bas. 1829-30 u. ö.), "Études sur Blaise Pascal" (Par. 1848 u. ö.), "Études sur la littérature française au 19e siecle" (3 Bde., ebd. 1849-51), "Histoire de la littérature française au 18e siécle" (2 Bde., ebd. 1853), "Moralistes des 16e et 17e siécles" (ebd. 1859), "Poëtes du siécle de Louis XIV" (ebd. 1861). - Vgl. Rambert, Alexandre V., histoire de sa vie et de ses ouvrages (2. Aufl., Laus. 1875); ders., V. d'aprés ses poésies (Par. 1868); Esprit d'Alexandre V. (mit Vorwort von Astié, 2 Bde., Genf 1861); Chavannes, Alexandre V. considéré comme apologiste et moraliste chrétien (Leid. 1883); Cramer, V. als christelijk moralist en apologeet (ebd. 1883; auch französisch Laus. 1884); de Pressensé, Alexandre V. d'aprés sa correspondance inédite avec H. Lutteroth (Par. 1890); Molines, Études sur Alexandre V. (ebd. 1890); Vischer, Alexandre V. (in den "Prot. Monatsheften", Heft 6 u. 7, Berl. 1897).

Vineta, Urbs Venetorum ("Wendenstadt"), auch Julin oder Jumne genannt, das jetzige Wollin, angeblich phöniz. Kolonie, einst berühmter Centralpunkt des slaw. Handels an der Ostseeküste, auf der Insel Wollin (s. d.). Seine größte Blüte entfaltete V. im 10. und 11. Jhdt. Neben der Handelsstadt setzte sich eine Kolonie skandinav. Vikinger fest auf der sog. Jomsburg, als deren Begründer der dän. Held Palnatoki (s. d.) gilt. Diese Jomsvikinger, von denen eine isländ. Saga berichtet, machten sich im ganzen Norden gefürchtet, bis König Magnus von Norwegen und Dänemark 1043 die Jomsburg zerstörte. Später entstand die Sage, daß V. von den Wellen verschlungen sei, indem man die bei Damerow auf Usedom unter dem Wasser liegenden Granitblöcke für die Trümmer V.s ansah. - In Opern wurde der