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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Waller - Wallis

Einen Überblick giebt Kugler, Wallenstein (im «Neuen Plutarch», Bd. 10, Lpz. 1884).

Waller, Fisch, s. Wels.

Wallern, czech. Volary, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Prachatitz in Böhmen, in einem tiefen Thale des Böhmer Waldes, Sitz eines Bezirksgerichts (103,58 qkm, 7615 E.), hat (1890) 3233 deutsche E., eine k. k. Fachschule für Holzindustrie; Möbeltischlerei, Drechslerei, Fabrikation von Holzgeräten und Holzschuhen, Ackerbau, Viehzucht, Handel mit Mastvieh, Torfstich. In der Nähe, in Eleonorenhain, befinden sich große Glashütten.

Wallerstein, Flecken, s. Öttingen (Grafschaft).

Wallfahrten, Gänge, Reisen oder feierliche Züge nach heiligen Stätten, um dort zu beten oder ein Gelübde zu erfüllen. Die Ansicht, daß das Gebet an einem bestimmten Orte wirksamer sei als anderswo, ist uralt. Griechen und Römer unternahmen schon Reisen nach fernen Tempeln, die alten Germanen «Waldfahrten» nach heiligen Hainen. Die Juden wallfahrteten zu den hohen Festen nach Jerusalem; bei den Mohammedanern sind noch die W. nach Mekka und Medina gebräuchlich (s. Haddsch und Kaaba). In der christl. Kirche wallfahrtete man namentlich seit dem 4. Jahrh. zu den Gräbern der Märtyrer. Die heil. Helena (s. d.) zog zum Grabe Jesu nach Jerusalem, und ihr Beispiel fand viele Nachahmer. Gegen die allmählich bei solchen Wanderungen eingerissene Sittenverderbnis eiferten schon im 4. Jahrh. Gregor von Nyssa und andere Kirchenlehrer. Doch blieb es in der Kirche Sitte, W. einzeln oder in großer Anzahl anzustellen, besonders nach den durch Reliquien (s. d.) oder Gnadenbildern (s. d.) ausgezeichneten Orten. Im großen fanden die W. in den Kreuzzügen statt. Die Wallfahrer nach Jerusalem und andern entfernten Orten hießen Pilger (s. d.) oder Wallbrüder. Besonders nach den Kreuzzügen mehrten sich die Wallfahrtsorte außerordentlich und wurden von den Päpsten meist mit großen Ablässen versehen. Unter den Wallfahrtsorten im 15. Jahrh. zeichneten sich aus: Jerusalem, Rom, Loreto, Compostella, Wilsnack, Einsiedeln, Aachen und Trier. In der kath. Kirche gelten die W. als verdienstliche Werke. (S. auch Bittgänge, Prozession.)

Wallgang, s. Wallstraße und Wall.

Wallgänge, wasserdichte Zellenreihen auf beiden Schiffsseiten der Panzerschiffe oberhalb des Doppelbodens (s. d.). Zur Bildung der W. sind parallel zur Bordwand Wallgangsschotten eingebaut und zwischen Bordwand und Wallgangsschott kleine Querwände angebracht. Die Wallgangsschotten müssen so weit von der Bordwand entfernt sein, daß im Fall des Gerammtwerdens der feindliche Sporn (s. d.) sie nicht durchstoßen kann. (S. Tafel: Korvette, Fig. 6, DD.)

Wallgauer Gebirge, s. Ostalpen.

Wallgewehre, s. Handfeuerwaffen.

Wallia (Walja), König der Westgoten seit Juli 415, beendete 416 den Kampf gegen die Römer durch einen Vertrag, durch den er Placidia, die Witwe Athaulfs, ihrem Bruder, dem Kaiser Honorius, zurückgab und für die Römer den Kampf gegen die Spanien verwüstenden Alanen, Vandalen und Sueven übernahm. Nach glänzenden Erfolgen erhielt W. für seine Goten 419 von den Römern unter kaiserl. Oberhoheit, aber thatsächlich so gut wie unabhängig, das westl. Aquitanien (Aquitania secunda) mit der Hauptstadt Tolosa. W. selbst starb schon 419 ohne waffenfähige Söhne. Als König folgte ihm Theodorich Ⅰ. W.s Tochter dagegen wurde die Gattin eines suevischen Prinzen und Mutter des Ricimer.

Wallich, Nathanael, eigentlich Nathan Wolff, Botaniker, geb. 28. Jan. 1787 zu Kopenhagen, studierte auf der Universität seiner Vaterstadt Medizin und wurde 1806 Arzt am dän. Etablissement zu Frederiksnagor in Ostindien. Als diese Kolonie in die Hände der Engländer fiel, trat W. in die Dienste der Ostindischen Compagnie und wurde 1815 Direktor des Botanischen Gartens in Kalkutta. 1828 kehrte er nach Europa zurück und brachte 8000 von ihm gesammelte Specimina verschiedener Pflanzenarten mit. Später leitete er eine Expedition zur Untersuchung der Provinz Assam, verließ aber 1847 Hindustan und starb 28. April 1854 zu London. Er schrieb besonders: «Tentamen florae Nepalensis illustratae» (Kalkutta 1824‒26), «Plantae asiaticae rariores» (3 Bde. mit 300 Taf., Lond. 1830‒32).

Wallin, Johan Olof, schwed. Dichter und Kanzelredner, geb. 15. Okt. 1779 zu Stora Tuna in Dalarna, studierte zu Upsala, wurde 1806 Geistlicher und 1809 zugleich Lektor an der Kriegsakademie zu Karlberg und Pastor zu Solna. 1812 wurde er Pastor in Stockholm, 1816 Dompropst in Westerås, 1818 Pastor Primarius an der großen Kirche zu Stockholm, kraft welches Amtes er Mitglied des Reichstags wurde. 1837 erfolgte seine Ernennung zum Erzbischof von Upsala, wo er 30. Juni 1839 starb. Als Dichter von geistlichen Liedern ist W. in Schweden unübertroffen, weshalb er auch von Tegnér als die «Davidsharfe des Nordens» bezeichnet wurde. Am ergreifendsten unter diesen Sammlungen ist «Dödens Engel» («Der Engel des Todes»). Wesentlich durch W. erhielt Schweden 1819 eins der vorzüglichsten unter allen vorhandenen Gesangbüchern. Auch als Kanzelredner war er sehr berühmt. Die von ihm herausgegebenen «Religionstal vid åtskilliga Tillfällen» (3 Bde., Stockh. 1825‒31 u. ö.; deutsch von Rohtlieb, Berl. 1835), denen nach seinem Tode «Predikningar» (3 Bde., Stockh. 1840‒41 u. ö.) und «Predikningar. Ny argång» (3 Bde., ebd. 1850‒52) folgten, fanden weite Verbreitung. Seine poet. Arbeiten erschienen gesammelt als «Vitterhetsarbeten» (2 Bde., Stockh. 1848 u. ö.). – Vgl. Minne af J. O. W., hg. 1865 (von S. A. Hollander).

Wallis, Baumwollstoff, soviel wie Dimity (s. d.).

Wallis, Inselgruppe, s. Uea.

Wallis, frz. Le Valais, in der histor. Rangordnung der 20., dem Flächeninhalt nach der 3. und der Einwohnerzahl nach der 12. Kanton der Schweiz, grenzt im N. an den Genfer See und die Kantone Waadt und Bern, im O. an Uri, Tessin und die ital. Provinz Novara, im S. an die Provinz Turin, im W. an Frankreich (Depart. Haute-Savoie) und hat eine Fläche von 5247,1 qkm.

Oberflächengestaltung. Rechts von den Urner und Berner Alpen, links von den Lepontinischen und Penninischen Alpen und der Montblancgruppe umschlossen, ist das W. von der Furka bis Martigny ein nach Westsüdwest gerichtetes Längsthal, von hier bis zum See ein nach Nordwesten gewendetes Querthal mit zahlreichen Seitenthälern, von welchen die wichtigsten sind: die Thäler der Visp, das Turtmanthal, das Val d’Anniviers, das Val d’Hérens, die beiden Thäler der Dranse (Val de Bagnes und Val d’Entremont) und Val d’Illiez links, das Lötschenthal und das Dala- oder Leuker Thal rechts. Der Kanton besteht aus den obersten