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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wismar-Karower Eisenbahn; Wismut; Wismutblende; Wismutbutter; Wismutchlorīd; Wismutglanz

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Wismar-Karower Eisenbahn – Wismutglanz

mit 80 m hohem Turm, St. Georgenkirche mit Chor (14. Jahrh.) und Turm (1409), St. Nikolaikirche (1381‒1460), Fürstenhof, ein prachtvoller ital. Renaissancebau, 1554 begonnen, mit reichen Friesen in Relief, 1877‒79 restauriert, jetzt Amtsgericht, alte Schule, ein interessanter Ziegelrohbau (12. Jahrh.), 1882 restauriert und zum Altertumsmuseum eingerichtet, das Archidiakonatshaus von St. Marien, 1884 restauriert, Große Stadtschule (Gymnasium und Realschule), Knaben- und Mädchenbürgerschulen, erstere 1880 angebaut an den Chor der Dominikanerkirche, das Rathaus (1817‒19) mit schönem Audienzsaal, 1885 restauriert, das Militärlazarett von Demler, Postgebäude (1886), Schauspielhaus und Wasserthor (15. Jahrh.). Von Unterrichtsanstalten bestehen ein Gymnasium mit Realschule, städtische höhere Mädchenschule, Knaben-, Mädchenbürgerschule, Gewerbeschule und Waisenanstalt.

Die Industrie erstreckt sich auf Eisengießerei, Holzbearbeitung, Fabrikation von Maschinen, Papier, Cichorien, Cigarren, Dachpappe, Asphalt, Emailleöfen und Zucker, Brauereien und Branntweinbrennereien. W. ist Sitz der 34. Sektion der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft. Bedeutend ist Schiffahrt, Handel und Fischerei. Die städtische Reederei beschäftigte 1897: 16 Schiffe, darunter 5 Dampfer mit zusammen 2608 Registertons. Ausgeführt werden besonders Landesprodukte, Getreide, Ölsaat, Butter, Vieh und Rohzucker; eingeführt (besonders aus England und Schweden) Eisen, Steingut, Bauholz und Steinkohlen. Das Fahrwasser ist von der Reede bis in den Hafen 5 m tief und gestattet das Anlegen selbst der größten Dampfer und die Umladung der Waren auf die Bahn. Die Kaufmanns-Compagnie vertritt die Stelle einer Handelskammer. 3 km von W., an der Ostsee, das 1867 eingerichtete und 1885 erneuerte Seebad Wendorf.

Geschichte. W. war 1256‒1358 Hauptstadt des Stammlandes Mecklenburg und gleich Rostock eine reiche Hansestadt mit Privilegien und Freiheiten. Im Westfälischen Frieden wurde es zugleich mit der Herrschaft W., umfassend die Domanialämter Neukloster und Poel, an Schweden abgetreten. Stadt und Herrschaft W. wurden 26. Juni 1803 für 1258000 Thlr. (Hamb.) Banko von Schweden an Mecklenburg-Schwerin verpfändet, unter der Bedingung, daß Schweden nach 100 Jahren gegen Rückzahlung dieser Summe nebst 3 Proz. jährlichen Zinsen das Pfand wieder zurücknehmen könne, so daß eigentlich Schweden jetzt noch Ansprüche an W. hat. Infolge dieses Pfandverhältnisses war W. lange Zeit im Landtag nicht vertreten, ist aber 1. Juli 1897 wieder in den ständischen Verband aufgenommen worden. – Vgl. Burmeister, Beschreibung von W. (Wism. 1857); Schrödern, Beschreibung der Stadt und Herrschaft W. (ebd. 1859‒60); Schildt, Geschichte der Stadt W. bis zum Ende des 13. Jahrh. (Rost. 1872); Crull, Die Ratslinie der Stadt W. (Bd. 2 der «Hansischen Geschichtsquellen», Halle 1875); Willgeroth, Geschichte der Stadt W. (Teil 1, Wism. 1897).

Wismar-Karower Eisenbahn, s. Bd. 17.

Wismut (Bismut, lat. Bismutum, span. Marcasita), früher Aschblei genannt (chem. Zeichen Bi, Atomgewicht 208), ein selteneres, zuerst vom Alchimisten Basilius erwähntes Metall, das meist in gediegenem Zustande oder als Oxyd auftritt. Es findet sich im Granit, Gneis und Glimmerschiefer sowie im Übergangsgebirge, in der Regel auf Kobalt- und Silbergängen. Der Hauptfundort für Wismuterze ist Schneeberg in Sachsen, außerdem kommen sie vor in den Vereinigten Staaten, in Peru, Bolivia und Chile sowie in Australien. Da das W. meist gediegen vorkommt, so ist seine Gewinnung ziemlich einfach, da man es infolge seines niedern Schmelzpunktes durch Aussaigern (Ausschmelzen) von der Gangart trennen kann; das so gewonnene Metall ist aber nie ganz rein, sondern meist von Arsen begleitet. Bei der Verwendung für pharmaceutische Zwecke ist es von dieser Verunreinigung zu befreien. Dies kann dadurch erreicht werden, daß man das Metall in einer eisernen Schale mit der Hälfte seines Gewichts Natronsalpeter schmilzt und während langsamen Erkaltens so lange rührt, bis es in ein feines graues Pulver verwandelt ist. Die Masse wird dann mit Wasser unter Ansatz von Natronlauge ausgekocht. Beim Waschen geht das Arsen in Lösung, während ein Gemisch von Wismutmetall und Oxyd zurückbleibt. Das geschmolzene W. ist ein rötlichweißes Metall, glänzend, ziemlich hart, krystallinisch und so spröde, daß es gepulvert werden kann. Es krystallisiert leicht und in gut ausgebildeten Rhomboedern, schmilzt bei 264° und hat ein spec. Gewicht von 9,79. Die Produktion von W. in Europa beläuft sich jährlich auf etwa 25000 kg, wovon 20500 auf das sächs. Erzgebirge, 3000 auf England und 1500 kg auf Böhmen kommen. Der Preis beträgt nach Übereinkunft der sächs. mit den boliv. Werken 7‒8 M. für das Kilogramm. Der größte Teil des produzierten W. dient mediz. und kosmetischen Zwecken. Offizinell ist das basische Wismutnitrat (s. d.), früher war es auch das valeriansaure W. Mit andern Metallen bildet W. leichtflüssige Legierungen (s. Wismutlegierungen). Einen starken Wismutverbrauch bewirkt die Einführung der Porzellanlüsterfarben durch Brianchon. Das basische Wismutchlorid und Wismutoxyd finden als Schminke, das Wismutoxyd in kleiner Menge Verwendung zur Herstellung von schweren und stark lichtbrechenden Gläsern, die als optisches Flintglas sowie zu Straß benutzt werden.

In seinen Verbindungen erscheint das W. als drei- und fünfwertiges Element. Von den Verbindungen haben nur wenige allgemeinere Wichtigkeit. (S. Wismutchlorid, Wismutnitrat, Wismutoxyde, Wismutsulfid.)

Wismutblende, Mineral, s. Kieselwismuterz.

Wismutbutter, s. Wismutchlorid.

Wismutchlorīd, Chlorwismut, BiCl₃. Metallisches Wismut vereint sich schon bei gewöhnlicher Temperatur unter lebhafter Wärmeentwicklung mit Chlor zu einer dickflüssigen Masse, die beim Erkalten krystallinisch erstarrt (Wismutbutter) und unzersetzt destillierbar ist. Es entsteht auch beim Lösen von Wismut in Königswasser. Wird die Lösung mit viel Wasser vermischt, so scheidet sich ein weißer Niederschlag von basischem W., Wismutoxychlorid, BiOCl, ab, der nach dem Waschen mit Wasser unter dem Namen Blanc d’Espagne (s. d.) Verwendung als weiße Schminke (s. d.) findet.

Wismutglanz oder Bismutin, ein rhombisches, mit Antimonglanz isomorphes Mineral von der chem. Zusammensetzung Bi₂S₃, bildet lang säulenförmige bis nadelförmige, stark längsgestreifte Krystalle, auch körnig-blätterige oder strahlige Aggregate, von der Härte 2 bis 2,5, dem spec. Gewicht 6,4 bis 6,6, ist von licht bleigrauer, in das Zinnweiße geneigter Farbe, läuft aber an der Luft bald gelblich oder bunt an. Die milden Krystalle haben eine