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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wurzel

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Wurzel (in der Mathematik)

eine derartige Verzweigung. Das ganze Wurzelsystem besteht hier aus Neben- oder Adventivwurzeln, die sich nicht aus einem Wurzelorgan, sondern aus andern Pflanzenteilen entwickeln. Bei den meisten Monokotyledonen entspringen zahlreiche Nebenwurzeln aus den untersten Internodien der Stengel, und da sich dieselben ziemlich gleichmäßig entwickeln, so bildet sich ein Wurzelsystem von zahlreichen einzelnen Fasern, welches man als Büschelwurzel oder Faserwurzel bezeichnet, wie z. B. besonders schön bei vielen Gräsern. Derartige Adventivwurzeln finden sich übrigens in der eben geschilderten Weise auch bei mehrern Dikotyledonen, besonders bei krautartigen Gewächsen. Außerdem werden häufig Nebenwurzeln an solchen Pflanzen gebildet, die Ausläufer treiben; an den Knotenstellen dieser Gebilde, die dem Boden aufliegen, entstehen dann den Faserwurzeln der Monokotyledonen ähnliche Büschel, wie z. B. an den Ausläufern der Erdbeere. Auch bei den meisten Gewächsen, die Rhizome besitzen, werden die Adventivwurzeln gewöhnlich an den Knotenstellen, häufig aber auch an den Internodien gebildet. Die Entwicklung der Adventivwurzel erfolgt ebenso wie die der Seitenwurzeln endogen. Die Vermehrung von Pflanzen durch Stecklinge oder einzelne Blätter, Knospen u. dgl. kann gleichfalls nur durch Neubildung von Adventivwurzeln an den betreffenden Pflanzenteilen erfolgen.

Zu den Adventivwurzeln gehören auch die Luftwurzeln (s. d.). Die Luftwurzeln vieler Orchideen besitzen eine eigentümliche Rindenschicht, die Wurzelhülle, die aus tracheïdenähnlichen, spiralig verdickten Zellen besteht. Diese Hülle giebt den W. ein weißglänzendes Aussehen, da ihre Zellen meist mit Luft gefüllt sind. Bei vielen Araceen dienen die Luftwurzeln als Haftorgane, mittels derer sich die kletternden Stengel an Baumstämmen u. dgl. befestigen; auch dringen sie nicht selten in den Boden ein; da sie aber verhältnismäßig schwach gebaut sind, können sie nicht eigentlich als Stützwurzeln betrachtet werden. Derartige W. finden sich besonders in den Familien der Pandanaceen und Rhizophoraceen, deren Arten meist große baumartige Formen darstellen, die auf einem ausgebreiteten System von Stützwurzeln wie auf Pfeilern ruhen. (S. Rhizophora.) Bei mehrern Kletterpflanzen, wie z. B. beim Epheu, wird die Befestigung der Stengel durch Klammerwurzeln, die ebenfalls den Adventivwurzeln zuzurechnen sind, bewirkt; diese legen sich den Mauern oder Baumstämmen, an denen jene Pflanzen emporklettern, dicht an, und sind nicht nur im stande, Festigkeit zu gewähren, sondern auch die Aufnahme der Nährstoffe zu besorgen. Die sog. Haustorien (s. d.) vieler parasitischen Gewächse haben zwar dieselbe Funktion, doch weichen sie im Bau wesentlich ab.

Die äußere Form der W. ist sehr verschieden, die meisten sind cylindrisch gestaltet, und von den feinsten Faserwurzeln mit sehr geringem Durchmesser bis zu den mächtig entwickelten baumstarken W. vieler Dikotyledonen und Gymnospermen sind alle Übergänge vorhanden. Knollenartig ausgebildete W. finden sich bei Orchideen, wo sie entweder kugelige Gestalt besitzen oder handförmig geteilt sind, ferner bei mehrern Kruciferen, z. B. beim Rettich, Radieschen u. dgl., wo sie an ihrem untern Ende zugespitzt sind und sich schon mehr der spindelförmigen Gestalt nähern, wie sie bei den Möhren und andern Umbelliferen sich findet. Alle knollenförmigen W., mögen sie nun echte W. oder Adventivwurzeln, wie die der Orchideen oder der Georgine darstellen, sind meist fleischig entwickelt und enthalten reichlich Stärkemehl oder andere Reservestoffe.

Die Strukturverhältnisse der W. zeigen insofern große Übereinstimmung, als fast sämtliche W. ein centrales, radial gebautes Gefäßbündel besitzen. In den einzelnen Pflanzengruppen wechselt nur die Anzahl der Gefäßplatten, so daß z. B. die Mehrzahl der Monokotyledonen in ihren W. sog. polyarche Gefäßbündel, d. h. mit zahlreichen strahlig angeordneten Gefäßteilen versehene Bündel, die meisten Dikotyledonen, Gymnospermen und Gefäßkryptogamen dagegen sog. oligarche Bündel, d. h. solche mit einer geringen Anzahl von Gefäßteilen besitzen. An der Peripherie dieses centralen Stranges werden in der Regel die Seitenwurzeln angelegt. Bei den W., die kein Dickenwachstum zeigen, also bei denen der Gefäßkryptogamen, der meisten Monokotyledonen und vieler krautartiger Dikotyledonen, bleiben die geschilderten anatom. Verhältnisse im wesentlichen für die ganze Lebensdauer der W. erhalten; bei den übrigen Dikotyledonen und den Gymnospermen tritt sehr bald, ähnlich wie in den Stammorganen, auch in den W. Dickenwachstum ein, und infolgedessen gleicht der anatom. Bau der ältern W. fast ganz dem der Stämme und nur an Stelle des Markes der letztern finden sich in den W. auch später noch die radial gestellten Gefäßteile vor.

Das Längenwachstum der W. findet nur kurz hinter der äußersten Spitze statt, und schon in einer Entfernung von etwa 10 mm von dem Vegetationspunkte ist das interkalare Wachstum beendet. An dieser Partie und an den noch etwas weiter zurückliegenden wachsen einzelne Epidermiszellen zu langen schlauchförmigen Haaren, den Wurzelhaaren (s. d.) aus. Außer der Funktion der Nahrungsaufnahme haben die W. vor allem noch die Befestigung der Pflanzen im Boden zu übernehmen, und diese muß in vielen Fällen eine sehr ausgiebige sein. Denn bedenkt man, welcher gewaltigen Kraft, z. B. durch Einwirkung starker Luftströmungen auf einen reich belaubten Baum, im Wurzelsystem das Gleichgewicht gehalten werden muß, so ist klar, daß der Widerstand, den dasselbe dem Zerreißen entgegenzusetzen hat, sehr bedeutend werden kann. Nur bei den frei schwimmenden Wasserpflanzen dienen die W. ausschließlich der Nahrungsaufnahme.

Wurzel, in der Mathematik die Größe, die eine bestimmte Anzahl mal mit sich selbst multipliziert einen vorgeschriebenen Wert ergiebt. Ist z. B. die dritte W. aus 8 verlangt, so heißt das, es ist eine Zahl zu finden, die dreimal mit sich selbst multipliziert 8 ergiebt; dieser Bedingung genügt 2, die Zahl 2 ist also die dritte W. aus 8, man schreibt dies ∛8 = 2 und nennt 8 den Radikand, 3 den Exponent. Das Zeichen √, Wurzelzeichen genannt, ist ursprünglich ein lat. r (radix). Die zweite W. nennt man auch Quadratwurzel, die dritte W. Kubikwurzel, die vierte W. Biquadratwurzel. Das Wurzelziehen oder Radizieren ist die Umkehrung vom Potenzieren (s. Potenz). Ist der Radikand ein Produkt oder ein Bruch, so gilt

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Die meisten W. von positiven Zahlen sind irrational. Gerade W. aus negativen Zahlen sind imaginär.