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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Zucken; Zucker

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Zucken – Zucker

ihren Sitz haben (Fig. 3, 10, 11) und durch besondere äußere Begattungsorgane, wie Haftscheiben an den Beinen, die den Weibchen fehlen (z. B. Fig. 4), oder Haftzangen am Hinterleib (Fig. 5).

Zucken, eine schnell vorübergehende unwillkürliche und krampfhafte Zusammenziehung der Muskeln, die bald über den ganzen Körper verbreitet, bald nur örtlich, auf ein einzelnes Glied oder einen einzigen Muskel beschränkt sein kann. Die Ursache des Z. kann in den Nerven, die zu den zuckenden Muskeln treten, oder im Gehirn und Rückenmark ihren Sitz haben. Häufige und schnell aufeinander folgende Zuckungen bilden die Konvulsionen, die klonischen oder Zuckkrämpfe. (S. Krampf.) Z. ist auch eine der Störenden Bewegungen (s. d.) der Lokomotive.

Zucker, im gewöhnlichen Leben Bezeichnung der aus dem Safte des Zuckerrohrs (s. Saccharum) oder der Zuckerrübe (s. d.) hergestellten, chemisch als Rohrzucker bezeichneten süßen Substanz, im chem. Sinne eine Gruppe der Kohlehydrate (s. d. und Zuckerarten). Über die Herstellung des Z., den man nach seiner Herkunft in den eigentlichen Rohrzucker (Kolonialzucker, s. d.) und den Rübenzucker unterscheidet, s. Zuckerfabrikation.

Der Rohrzucker (im chem. Sinn) ist der Hauptrepräsentant der nach ihm benannten Rohrzuckergruppe (s. Zuckerarten), deren Glieder nach der Formel C₁₂H₂₂O₁₁ zusammengesetzt sind. Künstlich ist er noch nicht dargestellt worden. Er findet sich im Pflanzenreich weit verbreitet; in den grünen Blättern der Pflanzen werden zunächst aus der Kohlensäure der Luft unter Einwirkung des Sonnenlichts Stärke und Glukose gebildet, welche sich dann in Rohrzucker umsetzen, der sich in andern Organen als Reservestoff anhäuft. So findet er sich außer im Zuckerrohr und in der Zuckerrübe in den Stengeln verschiedener Gramineen (Sorghum, Mais), im Safte gewisser Bäume (Birke, Palmen, Zuckerahorn), in zahlreichen Früchten (Äpfeln, Birnen, Kirschen, Feigen, Johannisbrot u. s. w.), in den Nektarien der Blüten, in den Wurzeln der Mohrrübe, Cichorie u. s. w.

Der Rohrzucker krystallisiert leicht aus konzentrierten wässerigen Lösungen in großen monoklinen, häufig hemiëdrischen Krystallen (Kandis, s. d.). Reiner Z. bleibt, mit Wasser gekocht, unverändert; bei Gegenwart von Säuren geht er in Invertzucker (s. Inversion und Fruchtzucker) über. Die Zuckerkrystalle schmelzen bei vorsichtigem Erhitzen bei einer Temperatur von 160° und erstarren beim Abkühlen zu einer durchsichtigen amorphen Masse, dem Gerstenzucker (s. d.). Bei etwa 200° verwandelt sich der Z. in eine braune, bitterlich schmeckende Masse (Karamel, s. d.). Der Z. löst sich in ⅓ kaltem Wasser und sehr viel leichter in siedendem. Die wässerige Lösung ist von rein süßem Geschmack. In konzentriertem Zustande läßt sie sich auch in offenen Gefäßen unverändert aufbewahren und konserviert selbst andere Gegenstände, wie z. B. Früchte, worauf sich deren Einmachen gründet. Die wässerige Rohrzuckerlösung dreht die Polarisationsebene des Lichts nach rechts, auf welcher Eigenschaft die optische Methode (Polarisationsmethode) der Bestimmung des Zuckergehalts einer Lösung beruht. (S. Saccharimetrie.) Unter Mitwirkung gewisser Sproßpilze (Hefe) erleidet der Rohrzucker erst dann die Alkoholgärung, nachdem er in Invertzucker umgewandelt worden ist. Der Rohrzucker verbindet sich mit alkalischen Erden und einigen Metalloxyden zu chem. Verbindungen, die man Saccharate (s. d.) nennt.

Der Z. unterliegt in der Form von Rohzucker und Raffinaden in Brotform keinen Verfälschungen; auch sind bei den andern Sorten Zusätze von Mehl, Gips, Kreide, Schwerspat, Stärke oder Dextrin, die teils durch ihre Unlöslichkeit in Wasser, teils durch einen Gärversuch und die polarimetrische Prüfung leicht nachzuweisen sind, nur selten beobachtet worden.

Über die einzelnen Zuckerarten s. d. (S. auch Farin, Fruchtzucker, Gerstenzucker, Granulated, Kandis, Kolonialzucker, Melis, Traubenzucker, Verbrauchszucker.)

Produktion und Verbrauch. Die Rübenzuckerindustrie ist in Deutschland entstanden und steht da am höchsten. Die Erzeugung betrug 1836/37 etwas über 1000, 1840/41 schon 14200, 1860/61: 126500, 1880/81: 573000, 1890/91: 1320000, 1895/96: 1467440 t Rohzucker. Verarbeitet wurden 1896/97 in 399 Fabriken 13721601 t Rüben. Während man 1836/37 eine Tonne Rohzucker aus 17,29 t Rüben erlangte, waren 1896/97 nur 7,90 t Rüben erforderlich.

Österreich-Ungarn hatte 1894: 217 Zuckerfabriken mit einer Produktion von 780000 t. Die franz. Rübenzuckerindustrie war 1850‒60 der deutschen überlegen; sie verarbeitete 1895/96 in 356 Fabriken 5396248 t Rüben zu 593587 t Rohzucker. Rußland baute 1895/96: 5498274 t Rüben und lieferte in 223 Fabriken 695585 t Rohzucker. Die Produktion in Belgien betrug 240000, in den Niederlanden 80000 t. Schweden erzeugte 1895/96 in 18 Fabriken aus 535149 t Rüben 57511 t Rohzucker. In Italien, Spanien, Rumänien und in den Vereinigten Staaten von Amerika werden erst seit dem letzten Jahrzehnt Zuckerrüben angebaut, jedoch mit nur teilweise günstigen Ergebnissen; bis heute führen alle diese Länder noch große Mengen von Z. aller Art ein.

Die Rübenzuckerproduktion in Tonnen:

Länder 1875/76 1885/86 1894/95 1896/97

Deutschland 358048 846211 1831624 1821000

Österreich-Ungarn 321830 395300 1044516 927000

Frankreich 462257 296633 745073 700000

Rußland 247340 528521 591391 725000

Belgien 105307 62947 ( 271700

{ 321400

Holland 30930 26130 ( 175000

Andere Länder 4039 22769 500000* 172000*

^[Additionslinie]

Zusammen 1529751 2178511 5034004 4791700

* Ungefähre Angaben.

Die gesamte Rohrzuckerproduktion in 1000 t:

Länder 1893/94 1894/95 1895/96 1896/97

Vereinigte Staaten 282 342 302 354

Cuba 1160 754 393 300

Portoriko 62 52 50 55

Trinidad 47 52 55 55

Barbados 64 37 43 50

Martinique 36 30 36 35

Guadeloupe 42 32 43 45

Jamaika 30 30 31 30

Kleine Antillen 25 27 38 60

Demerara 99 97 102 110

Brasilien 260 260 220 200

Peru 65 75 69 70

Sandwichinseln 135 148 180 200

Ägypten 70 70 90 95

Mauritius 138 114 141 150

Réunion 40 38 45 45

Java 446 510 683 540

Philippinen 187 201 250 230

^[Additionslinie]

Zusammen 3188 2869 2771 2624

Sorghumzucker wurden nur 437 t erzeugt, Ahornzucker höchstens 15000 t.