Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
30
Baldriansaures Chinin - Bambusrohr
Baldriansaures Chinin (Chininvalerianat,
Chininum valerianicum,
Ferrum valerianicum);
farblose, perlmutterglänzende Kristallschüppchen, riechen
schwach nach Baldriansäure. - Zollfrei.
Baldriansaures Eisen (baldriansaures
Eisenoxyd, Eisenvalerianat); rotbraunes, amorphes Pulver von
schwachem Geruch und Geschmack nach Baldrian, unlöslich in
Wasser, löslich in Äther; wird durch Fällen einer Lösung von
baldriansaurem Natron mit Eisenchloridlösung, Auswaschen und
Trocknen des Niederschlags erhalten. - Zollfrei.
Baldriansaures Morphium (Morphinvalerianat,
Morphium valerianicum);
weißes kristallinisches Pulver, riecht nach Baldrian, wirkt
giftig. - Zollfrei.
Baldriansaures Wismut (Wismutvaierianat,
Bismutum valerianicum);
weißes, in Wasser unlösliches, nach Baldrian riechendes Pulver,
wird erhalten durch Vermischen einer Wismutnitratlösung mit
einer Lösung von baldriansaurem Natron. - Zollfrei.
Baldriansaures Zinkoxyd (baldriansaures
Zink, Zinkvalerianat, Zincum
valerianicum); besteht aus weißen, perlmutterglänzenden
Kristallplättchen von sehr intensivem Baldriangeruch, fühlen
sich fettig an und sind in heißem Wasser weniger löslich als
in kaltem, weshalb die kalte gesättigte wässerige Lösung beim
Erwärmen Kristalle ausscheidet. In Alkohol und in Äther ist
das Salz löslich. - Zollfrei.
Baldrianwurzel (gemeiner Baldrian,
kleiner Baldrian, Katzenwurzel, Katzenbaldrian, Wundwurz,
franz. valériane, engl. Shop valerian, lat.
radix valerianae minoris);
ein Artikel des Droguenhandels, besteht aus dem getrockneten,
graubraunen Wurzelstock der Valeriana
officinalis; derselbe
ist von zahlreichen, rings herum angewachsenen Wurzelfasern
von Strohhalmsdicke besetzt; frisch ist die B. weißlich und
besitzt nur einen sehr schwachen Geruch; die trockne Wurzel
dagegen riecht sehr stark und unangenehm. Man sammelt sie von
trocknen Standorten im Herbste; in manchen Gegenden Thüringens
wird der Baldrian auch kultiviert, und als
Thüringer B. in den Handel
gebracht, dies ist die gesuchtere Sorte, nächstdem kommt die
holländische B. -
Verwechslungen der B. mit den Wurzeln andrer Arten von
Valeriana kommen bei den wildgewachsenen Pflanzen zuweilen
vor, sind aber leicht an dem schwachen Geruch sowie auch daran
zu erkennen, daß der Wurzelstock nur an der unteren, nicht
aber an der oberen Seite mit Wurzelfasern besetzt ist. Früher
war auch die Wurzel von Valeriana
Phu als radix Valerianae
majoris gebräuchlich. Die B. muß in gut verschlossenen
Kästen aufbewahrt werden, da sie ihren Geruch leicht verliert;
die wirksamen Bestandteile sind neben Gerbsäure Baldrianöl
und Baldriansäure. - Zollfrei.
Balsam (franz. baume, engl. balm);
mit diesem Namen belegt man dickflüssige Substanzen von harziger
und öliger Natur, welche teils freiwillig, teils durch gemachte
Einschnitte in die Rinde gewisser Bäume ausfließen. Die meisten
B. sind Gemische von Harzen mit ätherischen Ölen, enthalten
aber auch zuweilen noch andre
↔
Körper, namentlich aromatische Säuren (Zimtsäure, Benzoesäure
u. s. w.), sowie deren Äther und Aldehyde. Mit Ausnahme des
Terpentins, den man jedoch gewöhnlich nicht mit zu den B.en
rechnet, sind alle B.e Produkte der warmen Zone. Die jetzt
noch im Handel vorkommenden B.e sind:
Perubalsam,
Tolubalsam,
Kopaivabalsam,
Storax und
Kanadabalsam.
Vergl. diese unter ihrem Namen. Den Namen Balsam führen ferner
verschiedene pharmazeutische Präparate. - Natürliche und
künstliche Balsame sind zollfrei. Nur Muskatbalsam ist zollpflichtig.
S. Tarif im Anh. Nr. 26 a 1 u. 26 a 4.
Bambusrohr (franz. u. engl. bamboo).
Der Bambus (Bambusa arundiacea
(Anmerkung des Editors: richtig: Bambusa arundinacea))
gehört zur Familie der Gräser, wächst aber in seiner Heimat,
welche die ganze heiße Zone ist, mit erstaunlicher Raschheit
baumartig zur Höhe von 20 m und darüber empor und ähnelt dann
in seinem Baue einer italienischen Pappel, indem der 80 cm
dick werdende gerade Stamm etwa 6 m über dem Boden zahlreiche
aufstrebende Äste nach allen Seiten auftreibt, die mehrfach
wieder Seitentriebe aussenden. Das ganze Gewächs ist hohl
und in kurzen Abständen durch Knoten abgeteilt, wie die bei
uns gebräuchlichen Bambusstöcke und Schirmstiele ersehen
lassen, die so ziemlich die einzigen nach Europa gelangenden
Proben des Bambus, aber nur junge Triebe oder Äste sind und
auch wohl irrtümlich Zuckerrohr genannt werden. In Ostindien,
Asien und andern Gegenden Südasiens, wo der Bambus in großer
Menge wächst und seines vielfachen Nutzens wegen auch häufig
gepflanzt wird, hat derselbe eine viel höhere Bedeutung und
allgemeinste Benutzung. Bei großer Leichtigkeit verbunden mit
bedeutender Festigkeit und Dauer, die besonders durch die stark
kieselhaltige Rinde bedingt wird, dient das stärkere Holz zu
Wasserröhren und Gefäßen, zum Häuser- und Brückenbau, zu Masten,
Stangen, Leitern, kleineres zu Möbeln und andern Hausgeräten,
gespalten zu Flechtwerk, Körben, Matten, Segeln, Rollvorhängen,
Regen- und Sonnenschirmen, Hüten, Stricken und noch mancher
andern Verwendung, selbst zu Kunstarbeiten, wie Schnitzwerk,
gravierten und eingelegten Arbeiten. Die Chinesen benutzen
den B. außerdem zur Bereitung von Papier, die jungen Triebe
anstatt Spargelgemüse. Übrigens hat sich neuerlich auch von
Jamaika ein Ausfuhrhandel mit Bambusfaser entwickelt, die
mittels zerreibender Maschinen, hergestellt wird, und teils
nach England, häufiger aber nach Nordamerika verführt wird,
jedenfalls als Papierstoff. Die Samenkörner des B. geben auch
ein leidliches Brot, aber er wird erst mit 25 Jahren tragbar
und dann nur für einmal, worauf er gleich abstirbt. Die
Franzosen betreiben jetzt damit im Süden ihres Landes
Anbauversuche, wie es heißt mit Aussicht auf Erfolg, und dazu
kann wohl die neuerlich bekannt gewordene Thatsache ermutigen,
daß das Gewächs in China selbst noch im höchsten Norden des
Reichs gedeiht, in einem Klima mit kälteren Wintern als die
mitteleuropäischen. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 13 a.
Bearbeitete Stöcke Nr. 13 g.