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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Nägel

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Nadeln - Nägel

einem Eisenstab mit dem unterhalb sitzenden Stahlstempel und einem belastenden Bleigewicht von 4-6 kg. Ober- und Unterstempel haben je ein halbkugeliges Grübchen, welche beide zusammen den Hohlraum darstellen, in welchem der Nadelkopf gebildet wird. Von dem Grübchen des Unterstempels geht außerdem eine Rille nach außen, worin der Schaft der N., so weit er nicht herausragt, seinen Platz findet. Der Arbeiter hat nun eine Partie Nadeln und Kopfringel neben sich, nimmt eine der ersten, spießt damit ein Ringel auf, schiebt es nach dem Kopfende, legt die Nadel in die Versenkung des Unterstempels und gibt rasch vier bis sechs Schläge, wobei die Nadel jedesmal eine Wendung erhält. Hiermit ist die Kopfbildung und die dauernde Verbindung beider Teile bewirkt. Das Anköpfen bildet den aufhältlichsten Teil der Arbeit; doch bringt ein geübter Arbeiter immerhin 10-15000 N. im Tag fertig.

Die N. werden alsdann mit einer sauren Flüssigkeit rein gebeizt, indem man sie entweder darin kocht oder Beize und N. in eine Drehtonne bringt, sodaß zu der Wirkung der Beize noch das mechanische Scheuern kommt. Die meisten N. verzinnt man durch das sog. Weißsieden, d. h. Kochen mit zerkleinertem Zinn und Weinstein. Die Ware kommt in den Handel teils in ungeordneten Haufen zum Verkauf nach Gewicht (Gewichtsnadeln), teils reihenweise in Papier eingesteckt als Briefnadeln. Das Einstecken derselben unter Beiziehung erleichternder und fördernder Hilfsmittel ist bloße Kinderarbeit. -

Man hat sich namentlich in England viel bemüht mit Herstellung von Maschinen, welche die Arbeit des Stecknadelmachens noch wohlfeiler verrichten sollten als die Menschenhand. Solche Maschinen haben etwa die Einrichtung, wie sie im Artikel „Drahtstifte“ näher angedeutet ist. Die Köpfe solcher N. sind nicht aufgesetzt, sondern an den Schaft gestaucht. Diese Köpfe sind länglichrund oder stumpf birnförmig. Diese Maschinen haben sich nicht bewährt und man ist in England darauf zurückgekommen, die Nadelschäfte mit Handarbeit herzustellen und ihnen nur von der Maschine Köpfe anstauchen zu lassen. Solcher Maschinen arbeiten in Birmingham viele, in einzelnen Fällen auch auf dem Kontinent, wie z. B. zu Mühlhausen in Thüringen, und liefern im Tage 40000-48000 N. -

Auch Stecknadeln gibt es neben größern und kleinem zum gewöhnlichen Gebrauch für besondere Zwecke, wie Anschlagnadeln für Tapezierer, kurz und dick; Bandnadeln, sehr klein und dünn; Insektennadeln, dünn und sehr lang. Trauernadeln werden aus Eisendraht gefertigt und schwarz gebrannt, ebenso Haarnadeln (frz. épingles à cheveu; engl. hair pins); Stricknadeln (frz. aiguilles à tricoter; engl. kniking needles ^[richtig: knitting needles]) sind Erzeugnisse der Nähnadelfabriken, und zwar die einfachsten. Bei ihnen kommt es besonders darauf an, daß die Stahlmasse eine gute Härte und Elastizität hat. -

Zoll: Nähnadeln gem. Tarif Nr. 6 e 3 γ; eiserne Strick-, Häkel-, Stick- und Steppnadeln, sowie Haar-, Pack- und Schnürnadeln gem. Tarif Nr. 6 e 3 β; Spicknadeln, unpolierte Nr. 6 e 2 γ; Strick-, Häkel-, Stecknadeln aus nicht verniertem Messing, Nr. 19 d 2, verzierte aus Messing, aus Aluminium, Nickel, Bronze, Neusilber und andern Legierungen aus unedlen Metallen Nr. 19 d 3. Nur als Maschinenteile brauchbare eiserne Nadeln Nr. 15 b 2 γ.

Nägel (frz. clous; engl. nails). Die im Handel vorkommenden zahlreichen Sorten N. zeigen einerseits sehr wechselnde Gestalt und Größe und unterscheiden sich andrerseits durch verschiedne Herstellung, Bestimmung und verschiednes Material. Die eisernen N. nehmen die erste Stelle ein. Sie zerfallen der Herstellung nach in geschmiedete, geschnittene, Draht-N. und gegossene. Die an zweiter und dritter Stelle aufgeführten faßt man auch unter dem Namen Maschinen-N. zusammen. Die Drahtnägel sind schon bei „Draht“ besprochen worden. Die geschmiedeten N. sind bei uns immer das Erzeugnis von Handarbeit; Maschinen zum Schmieden derselben sind wohl versucht, aber zu keinem genügenden Erfolg gebracht worden. Die Maschinen zur Herstellung von Draht- und geschnittenen N. verarbeiten Eisen in Draht- und Blechform kalt.

Der Nagelschmied schmiedet mit außerordentlicher Behendigkeit und Sicherheit aus glühenden Eisenstäbchen auf einem kleinen Ambos den Schaftteil des N., haut ihn auf einer stählernen Kante, dem Abschrot, ziemlich ab, steckt ihn in das Loch des Nageleisens, bricht den Stab vollends los, formt mit wenigen Hammerschlägen das hervorstehende Ende zum Kopf um und wirft den fertigen N. durch einen Stoß von unten zur Seite. Diese ganze Arbeit muß in einer Hitze geschehen, d. h. während das Eisen sich glühend erhält, ohne es ein zweitesmal ins Feuer zu bringen; von kleinen N. werden selbst zwei Stück in einer Hitze abgeschmiedet. Ein geübter Nagelschmied liefert in zwölf Arbeitsstunden von kleinen N. 2000-2500, die etwa 1 kg wiegen, oder 1500-2000 mittlere N. im Gewicht von 3-4 kg, oder 5-600 große Bretnägel von 5 kg. Infolge der bedeutenden Übung der Schmiede fallen alle Stücke einer Sorte an Länge und Form ganz gleich aus, lediglich durch das Augenmaß und ohne alle Meßwerkzeuge. Nagelschmieden sind in den Eisen verarbeitenden Gegenden, namentlich Westfalen, Thüringen, Bayern, im Erzgebirge, in Steiermark etc. häufig und arbeiten nicht selten Weiber und Kinder mit.

Von den verschiednen Nägelsorten sind die größten 120-300 mm lang und darüber, und dienen als Zimmer-, Mühl-, Kisten-, Schiffs-, Spitzbogennägel für Schiff-, Brücken- und Mühlenbauer u. dgl. Spikernägel oder Bodennägel in verschiednen Dimensionen mit flachen, zweiflügeligen oder nur nach einer Seite sehenden Köpfen dienen zur Befestigung von Dielen. Andre Baunägel sind Lattennägel 80-100 mm lang, ganze und halbe Bretnägel, ganze Schloßnägel, Schindelnägel mit breit geschmiedetem Ende an Stelle des Kopfes, welches sich beim Einschlagen umlegt. Kleinere Sorten von etwa 25 mm Länge sind halbe Schloß-, Schiefer-, Rohr-, Huf-, Sattelnägel. Für Schuhwerk dienen Absatzstifte, die keine Köpfe erhalten, und Sohlenzwecken mit großen runden, gewölbten Köpfen und sehr kurzen Spitzen. -

Maschinennägel: Die geschnittnen N. werden