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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hirschkäfer - Hirse.

denfärberei, bedeutenden Holz-, Vieh- und Lohrindenhandel, Holz- und Furnierschneiderei und (1885) 2007 meist kath. Einwohner. Hier 15. Juni 1849 siegreiches Gefecht der Bayern und Kurhessen gegen hessische Insurgenten.

Hirschkäfer (Lucanus L.), Käfergattung aus der Gruppe der Pentameren und der Familie der Blatthörner (Lamellicornia), Käfer mit länglichem, flach gewölbtem Körper, querem, seitlich gerundetem, kurzgestieltem Thorax und beim Männchen sehr großem, querem Kopf mit hoher Kante an den Seiten und dem Hinterende der Stirn nebst sehr langen, geweihartigen Mandibeln. Der gemeine H. (L. cervus L., Schröter, Horn-, Baum-, Feuerschröter, Donnerpuppe), 7,4 cm lang, matt schwarz mit kastanienbraunen Flügeldecken, braunroten Mandibeln von einem Drittel der Körperlänge mit großem Zahn am Innenrand und zweizinkiger Spitze, der größte europäische Käfer, findet sich in Mittel- und Nordeuropa bis Asien hinein im Juni am ausfließenden Safte der Eichen und fliegt 3-4 Wochen in der Mittagshitze und abends; das Weibchen legt seine Eier in das faulende Holz alter Eichen, und hier entwickelt sich die Larve in 4-5 Jahren und erreicht eine Länge von 10,5 cm. Sie fertigt dann einen faustgroßen, festen Kokon, in welchem binnen drei Monaten die Verwandlung erfolgt. Die Römer hingen den H. Kindern als Heilmittel um den Hals, die Larven wurden gegessen; bei den alten Deutschen war der H. dem Thor heilig und durfte in kein Haus gebracht werden, weil er den Blitz anziehen sollte. Die Sage läßt ihn auch glühende Kohlen auf die Häuser tragen und sie in Brand stecken.

Hirschklee, s. Eupatorium.

Hirschkrankheit, s. v. w. Starrkrampf der Pferde, von der eigentümlichen Stellung der Kranken (mit gestrecktem, unbeweglichem Hals und vorgestrecktem Kopf) hergenommene Bezeichnung.

Hirschruf, aus Blech geformtes kegelförmiges Instrument oder eine an der Spitze abgeschnittene Tritonmuschel, auf welcher man das Schreien (Orgeln) der Hirsche zur Brunftzeit nachzuahmen vermag. Die Hirsche lassen sich hierdurch zum Antworten anregen, laufen auch wohl den Jäger schußmäßig an.

Hirschschwamm, s. Clavaria.

Hirschsprung, s. Kapriole.

Hirschtalg (Sebum cervinum), der ausgeschmolzene weiße und feste Talg des Hirsches, wurde früher zu Salben, Pflastern etc. gebraucht, wird jetzt aber gewöhnlich durch Rinder- oder Hammeltalg ersetzt.

Hirschtrüffel, s. Elaphomyces.

Hirschvogel, Nürnberger Künstlerfamilie des 15. und 16. Jahrh., von welcher folgende Mitglieder bekannt geworden sind: 1) Veit, geb. 1461, gest. 1525, war vornehmlich als Glaser und Glasmaler thätig und hat unter anderm vier Fenster in der Sebalduskirche zu Nürnberg ausgeführt. Sein Sohn Veit der jüngere (gest. 1553) wurde sein Nachfolger im Handwerk. - 2) Augustin, zweiter Sohn des vorigen, war anfangs Glasmaler, entfaltete aber bald eine sehr vielseitige Thätigkeit als Zeichner, Maler, Radierer, Töpfer, Wappenschneider und mathematischer Schriftsteller. Abgesehen von einem Aufenthalt in Venedig, wo er die Töpferkunst in Majolika erlernt haben soll, war er meist in Nürnberg auf vielerlei Kunstgebieten thätig und seit 1533 in Wien, wo er um 1560 gestorben sein soll. Ihm werden viele altdeutsche Ofenkacheln und Krüge (s. Hirschvogelkrüge) zugeschrieben. Vgl. Friedrich, Augustin Hirschvogel als Töpfer (Nürnb. 1885, mit 38 Tafeln).

Hirschvogelkrüge, glasierte, bunt emaillierte Thonkrüge, welche von der Familie Hirschvogel (s. d.) in Nürnberg, besonders von Augustin Hirschvogel, nach dem Muster italienischer Majoliken, aber in eigner Form u. Dekoration angefertigt wurden. Die bezeichnende Eigentümlichkeit der H. ist der gedrehte Henkel und die Teilung der Reliefdarstellungen durch horizontale Bänder und nischenartige Einfassungen (s. Figur).

^[Abb.: Hirschvogelkrug (Museum in Köln).]

Hirschzunge, Pilz, s. Hydnum; kleine H. (Milzfarn), s. Ceterach; auch s. v. w. Zungenfarn, s. Scolopendrium.

Hirse (Panicum L.), Gattung aus der Familie der Gramineen, Gräser mit nur in der ersten Jugend aufrechter, schon vor der Blüte nach einer Seite gewendeter, nach der Blüte herabhängender Rispe, grannenlosen, einblütigen Ährchen und wehrlosen, zugespitzten Hüllspelzen. Die Körner sind durch die verhärteten Deckspelzen beschalt und glänzend. Die gemeine H. (P. miliaceum L., s. Figur), mit 60-90 cm hohem Halm, breit-lanzettlichen, am Rand und auf der Unterfläche behaarten Blättern, wird in mehreren Varietäten mit weiß, gelb, rotgrau und schwarz beschalten Körnern kultiviert. Sie verlangt ein kräftiges Land der Sandkonstitution und durchlassenden Untergrund. Die Kultur ist umständlich und eignet sich mehr für Kleinbesitzer. Das Land wird wie für Gerste hergerichtet; man säet Ende Mai, jätet nach dem Erscheinen des zweiten Blattes, behackt vor dem Schossen abermals und entfernt überflüssige Pflanzen. Zur Ernte schneidet man die Rispen, sobald sich in den Spitzen derselben reife Körner zeigen, und bringt sie zur Nachreife unter Dach. Das grüne Stroh wird zur Fütterung gelegentlich eingebracht, es ist besser als Gerstenstroh. Man rechnet bei Drillsaat auf 1 Hektar 0,43-0,63 Neuscheffel Aussaat und 26-60 Neuscheffel Körner nebst 980-1960 kg Stroh als Ertrag. Die Vegetationszeit dauert 13-16 Wochen, die Keimfähigkeit zwei Jahre. Ein Neuscheffel wiegt 31,85 kg. Die H. stammt aus Ostindien und andern wärmern Gegenden Asiens und hat weite

^[Abb.: Gemeine Hirse (Panicum miliaceum). Blüte, vergr.]