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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Problem - Proch.

Problēm (griech.), jede die Wissenschaft betreffende Frage, deren Beantwortung nicht schon an sich klar vorliegt, sondern nur mittels einer Schlußreihe gegeben und dann durch einen Beweis als richtig dargelegt werden muß. Daher problematisch, was ungewiß und zweifelhaft ist und noch keine sichere Entscheidung zuläßt.

Problematische Naturen, nach Goethe ("Sprüche in Prosa", II) Menschen, "die keiner Lage gewachsen sind, in der sie sich befinden, und denen keine genugthut; daraus entsteht der ungeheure Widerstreit, der das Leben ohne Genuß verzehrt" (danach Titel eines Romans von Spielhagen).

Problematisches Urteil, nach Kant ein solches, welches, mit dem entgegengesetzten Urteil verglichen, ebenso zulässig ist wie das letztere selbst. Ihm entgegengesetzt ist das apodiktische Urteil, welches die Möglichkeit des Gegenteils ausschließt.

Probolinggo, niederländ. Regentschaft im Ostteil der Insel Java, umfaßt 3463 qkm (62,9 QM.) mit (1885) 524,975 Einw., worunter 1044 Europäer, 2523 Chinesen und 445 Araber. Das Land ist von Gebirgen erfüllt (Semeru 3703 m ü. M. im W., Lamongan 1644 m im O.), dabei reichbewässert und sehr fruchtbar. Die Stadt P., Sitz des Residenten, liegt an der Nordküste.

Proboscidĕa, s. v. w. Rüsseltiere.

Probrăchys (griech.), Versglied von vier Längen mit vorangehender Kürze (⌣‒‒‒‒).

Probrōs (lat.), schändlich, schimpflich; Probrosität, Schändlichkeit, schimpfliche Handlung.

Probstheida, Dorf in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Leipzig, hat starke Kunst- und Handelsgärtnerei, (1885) 1237 evang. Einwohner und war einer der Hauptpunkte der Schlacht bei Leipzig (s. d.). In der Nähe, beim Thonberg, der Napoleonstein, ein Denkmal auf einem Hügel, von wo aus 18. Okt. 1813 Napoleon den Kampf leitete.

Probus, 1) Marcus Aurelius, röm. Kaiser, war aus Sirmium in Pannonien gebürtig und von niederm Stand. Früh in den Kriegsdienst getreten, zeichnete er sich in zahlreichen Feldzügen aus und wurde nach des Tacitus Tod 276 n. Chr. von den Truppen des Ostens als Kaiser ausgerufen und als solcher, nachdem sein Gegenkaiser Florianus von seinen eignen Soldaten ermordet worden, auch vom Senat anerkannt. Er schlug hierauf die in Gallien eingefallenen Barbaren, focht mit Glück gegen die Franken, Burgunder und Vandalen, zwang die sarmatischen und getischen Völkerschaften zur Unterwerfung und züchtigte sodann die isaurischen Räuber und die Blemmyer an der Grenze von Ägypten. Er verstärkte ferner, um die Grenze des Reichs gegen die Deutschen zu sichern, die von Hadrian angelegte, vom Rhein zur Donau führende Befestigungslinie und suchte die Disziplin des Heers auf alle Art zu verbessern, namentlich auch dadurch, daß er die Soldaten nötigte, in friedlichen Zeiten öffentliche Arbeiten auszuführen (z. B. Weinberge am Rhein und an der Donau anzulegen). Dies und seine allgemeine Strenge gegen die Soldaten rief aber einen Aufstand hervor, in welchem er 282 bei Sirmium getötet wurde.

2) M. Valerius, berühmter lat. Grammatiker, aus Berytos in Syrien, blühte nach der Mitte des 1. Jahrh. n. Chr. Nach Art der alexandrinischen Gelehrten behandelte er die bedeutendsten römischen Dichter, wie Lucretius, Vergil, Horaz, kritisch; eine besondere Vorliebe wandte er der archaischen Litteratur zu. Von seinen Studien zu Vergil hat sich einiges in dem seinen Namen tragenden Kommentar zu den "Bucolica" und "Georgica" (hrsg. von Keil, Halle 1848) erhalten, aus einem Kommentar zu Persius die Lebensbeschreibung desselben, ferner von seiner Schrift "De notis" oder "De literis singularibus" ein die juristischen Abkürzungen enthaltender Auszug (hrsg. von Mommsen in Keils "Grammatici latini", Bd. 4, Leipz. 1864). Andre seinen Namen tragende grammatische Schriften ("Catholica", vom Nomen und Verbum handelnd, und "Instituta artium", eine Bearbeitung der gesamten Grammatik, hrsg. von Keil a. a. O.) rühren von einem Grammatiker des 4. Jahrh. her. Vgl. Steup, De Probis grammaticis (Jena 1871).

Proc. (lat.), Abkürzung für Prozent, Proconsul, Procura.

Procaccini (spr. -kattschini), ital. Künstlerfamilie, deren hervorragendste Mitglieder folgende sind: Ercole, Maler und Radierer, geb. 1520 zu Bologna und daselbst gebildet, gründete eine Malerschule zu Mailand; starb nach 1591. Werke von ihm finden sich zu Bologna und Parma. Sein Sohn Camillo, geb. 1546 zu Bologna, studierte nach Carracci, Michelangelo und Raffael und ahmte mit Glück Correggio und Parmegianino nach. Seine Werke zeichnen sich durch geistreiche Komposition, vorzügliches Kolorit und Anmut aus, leiden aber an Manieriertheit. Er starb 1627 in Bologna. Werke von seiner Hand finden sich in den Galerien zu Dresden, Wien, München, Bologna, Mailand etc. Auch seine Radierungen sind wegen der Zierlichkeit ihrer Zeichnung und wegen der meisterhaften Ausführung geschätzt. Giulio Cesare, Maler und Radierer, früher Bildhauer, Bruder des vorigen, geb. 1548 zu Bologna, besuchte erst die Akademie der Carracci und studierte sodann in Rom Raffael und Michelangelo, in Venedig Tizian und in Parma Correggio, den er nicht ohne Glück nachahmte. 1618 wurde er nach Genua berufen. Er starb 1626. Gemälde von ihm besitzen das Berliner Museum, die Eremitage zu Petersburg, die Galerien von München, Dresden, Florenz, Turin etc. Seine Radierungen sind geistreich. Sein Schüler und Neffe war der Maler Ercole P., der jüngere, geb. 1596 zu Mailand, gest. 1676.

Pro calcŭlo (lat.), für die Rechnung, d. h. ihre Richtigkeit, bürgt oder haftet.

Procambĭum, die gleichartige, aus lauter kambiumartigen, teilungsfähigen Zellen bestehende Gewebeform, welche die jungen Fibrovasalstränge der Pflanzen darstellt. Es tritt unterhalb der Stamm- oder Wurzelspitze im Urmeristem in Form gesonderter Stränge (Initialstränge) auf.

Procedĕre (lat.), das Prozedieren, Vorgehen, Verfahren (namentlich im Rechtsstreits der Rechtsgang. Procedatur, es werde vorgegangen.

Procellarĭa, Sturmvogel; Procellariidae (Sturmvögel), Familie aus der Ordnung der Segler.

Procēres (lat.), die Vornehmen, Honoratioren.

Procès-verbal (franz., spr. prossäh-werbáll), s. v. w. Protokoll.

Proch, Heinrich, Komponist, geb. 22. Juli 1809 zu Wien, studierte daselbst die Rechte, bildete sich aber gleichzeitig im Violinspiel aus und widmete sich von 1832 an ganz der Musik. 1837 wurde er als Kapellmeister an das Josephstädter Theater und drei Jahre später in gleicher Eigenschaft an das Hofoperntheater berufen, dem er bis 1870 angehörte. Er starb 18. Dez. 1878 in Wien, nachdem er noch vorübergehend an der Anfang der 70er Jahre gegründeten, bald darauf aber wieder eingegangenen Wiener Komischen Oper als Dirigent wirksam gewesen war. Als Komponist