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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Défilement - Deflorationsklage

gegen vereinzelte Abteilungen des Feindes, herbeizuführen. Der Angreifer wird ein direkt verteidigtes D. entweder durch überraschenden dreisten Angriff zu nehmen oder dasselbe zu umgehen suchen. Handelt es sich für ihn darum, aus dem D. unter den Augen des Feindes zu debouchieren, so kommt es darauf an, die zuerst aus dem D. heraustretende und dem Angriff der feindlichen Übermacht ausgesetzte Abteilung möglichst schnell und ausgiebig zu unterstützen. Zweckmäßige Anordnung der ganzen Marschbewegung mit Rücksicht auf das allmähliche Eingreifen der einzelnen aufeinander folgenden Abteilungen in das jenseit des D. sich entspinnende Gefecht, rücksichtslose Aufrechthaltung einer tadellosen Marschdisciplin, um jede Stockung in der Bewegung zu vermeiden, endlich zähes Aushalten der vordersten Abteilungen und umsichtige Führung derselben, das sind diejenigen Momente, von denen das Gelingen einer derartigen Unternehmung mehr oder weniger immer abhängen wird.

Défilement (frz., spr.-fil’máng), die Anordnung einer Befestigungsanlage (Deckung) mit Rücksicht auf deren Deckung gegen feindliches Feuer in wagerechter und senkrechter Richtung. Bezüglich der Anordnung des Grundrisses einer Deckung spricht man von horizontalem, des Aufrisses von vertikalem D. Ein Werk ist horizontal defiliert, wenn die Verlängerungen seiner Linien in ein für den Angreifer, namentlich für seine Geschütze ungangbares Gelände fallen. Diese Ungangbarkeit kann auf der natürlichen Beschaffenheit des Bodens beruhen oder darauf, daß das betreffende Gelände von dem Feuer anderer diesseitiger Werke beherrscht wird. Läßt sich eine derartige günstige Lage der Linien nicht erzielen, kann der Feind also seine Geschütze innerhalb guter Schußweite in der Verlängerung der einen oder der andern Linie aufstellen, so ist durch Herstellung von Traversen und Bonnets die Wirkung des enfilierenden Feuers möglichst abzuschwächen. Ein Werk ist vertikal defiliert, wenn die Anordnung des Aufrisses den Gegner vollständig verhindert, das Innere einzusehen und direkt zu beschießen oder die dem Angriff abgekehrten Linien des Werkes im Rücken zu fassen.

Defilieren (frz.), soviel als im Parademarsch vorbeimarschieren (s. Parade).

Definition (lat.), Begriffsbestimmung, die genaue und vollständige Angabe dessen, was in einem Begriff (s. d.) gedacht werden soll, also des Begriffsinhalts. Als Erfordernisse der D. hat Aristoteles festgestellt die Angabe der nächsten (d. h. nächst höhern) Gattung und des artbildenden Unterschieds; so definiert man z. B. den Menschen als vernünftiges Lebewesen, indem man als nächste Gattung die des Lebewesens, als artbildenden Unterschied (d. h. als das, was diese Art Lebewesen von allen andern unterscheidet) die Vernünftigkeit ansieht. Strenge D. sind eigentlich nur da möglich, wo man, wie in der Mathematik, auf die Erwägung gewisser, genau begrenzter Eigentümlichkeiten des Gegenstandes sich beschränkt, während sie um so schwieriger werden, je mehr man in die konkrete Fülle der Erfahrung hinabsteigt. – In weiterm Sinne heißt D. eine jede Angabe dessen, was unter einem Namen zu verstehen sei (Namenerklärung, Nominaldefinition, im Unterschied von Sacherklärung oder Realdefinition). Die D. heißt genetisch, wenn sie zugleich die Entstehung des Begriffs aus seinen Elementen zeigt; so definiert die Mathematik den Kreis genetisch, wenn sie die Regel angiebt, nach der er sich jederzeit konstruieren läßt. Von den Fehlern, in welche die D. leicht verfällt, handelt die Logik (s. d.). Eine D. heißt zu weit oder zu eng, wenn sie mehr oder weniger umfaßt als sie soll, bewegt sich im Zirkel, wenn sie den zu erklärenden Begriff schon voraussetzt u. s. w. – Über D. in der katholischen Kirche s. Definitor.

Definitīv (lat.), endgültig, im Gegensatz zu dem vorläufig Festgestellten. Unter definitiver Anstellung eines Beamten versteht man die lebenslänglich, im Gegensatz zu der kündbaren (provisorischen). Definitivurteil ist das Endurteil, das den Civilprozeß abschließt, im Gegensatz zu den Zwischenurteilen. – Im völkerrechtlichen Verkehr wird bisweilen zunächst ein Präliminarvertrag geschlossen, welcher einen provisorischen Zustand feststellt oder die Hauptpunkte, über welche man sich geeinigt hat, regelt, dagegen die Einigung über das Detail, die Bestätigung oder die Ausführungsbestimmungen vorbehält. Der abschließende und endgültige Vertrag ist dann der Definitivvertrag oder das Definitivum.

Definitīvum (lat.), endgültige Regelung eines Gegenstandes, im Gegensatz zum Provisorium; auch das Hauptprozeßverfahren im Gegensatz zu der Einstweiligen Verfügung (s. d.), welche für die Dauer des Prozesses getroffen wird.

Definītor (lat.), bei manchen geistlichen Orden die Vorsteher der einzelnen kleinern Ordensbezirke (Definitionen) mit ihren Klöstern; sie stehen unter der Leitung der Provinzialobern und sind deren Beisitzer und Räte auf den Provinzialkonventen. Bei der kath. Weltgeistlichkeit hieß D. früher derjenige Pfarrer bei jedem Landdekanate, welcher die Interkalarfrüchte (s. d.) zu berechnen und die Ansprüche zwischen den anziehenden und abziehenden Pfarrern zu vergleichen hatte. Jetzt ist D. der Stellvertreter der Dekane in Vehinderungsfällen und Verwalter der Dekanatskasse.

Defiziént (lat.), fehlend, abtrünnig, auch entkräftet, dienstuntauglich geworden; Defizientenpriester, im kath. Kirchenwesen die zur Thätigkeit als Seelsorger untauglich gewordenen Priester.

Deflation (lat.), der Vorgang, namentlich in regenarmen Gegenden (Wüsten), daß die lockern oberflächlichen Teile des Erdbodens durch die Kraft des Windes alsbald nach ihrer Bildung durch chem. oder mechan. Zerkleinerung der festen Gesteine fortgeblasen werden (vgl. Erosion).

Deflektieren (lat.), ablenken.

Deflektionsmesser, s. Brückenprobe (Bd. 3, S. 603 a.).

Defléktor, ein von Windhausen und Büsing konstruierter Schornsteinaufsatz zur Regelung des Zugs.

Defloration (lat.), das Abblühen; Schwächung einer Jungfrau; Deflorationsgelder, Bezeichnung für die Entschädigung, welche der Schwängerer (Deflorātor) der Geschwängerten (Deflorāta) in manchen Ländern erlegen muß.

Deflorationsklage, die Klage auf Entschädigung (ursprünglich Ausstattung oder Ehelichung), welche einer geschwängerten Jungfrau oder ehrbaren Witwe gegen den Schwängerer zusteht, nach Gemeinem Recht und mit mehrfachen Unterscheidungen im einzelnen nach neuern Landesgesetzen, u. a. in Preußen (1854), Württemberg (1839), noch weiter gehend in Sachsen, Bürgerl. Gesetzb. §. 1551. Die Klage ist beseitigt in einigen kleinern deutschen Rechtsgebieten und in dem des franz. Rechts, ferner in Österreich, Bürgerl. Gesetzb. §. 1328, sowie im