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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fischart - Fischbach (Friedr.)
Fifchart, Joh., genannt Mentzer, der "teutsche
Rabelais", der genialste, sprachgewaltigste und
stoffmächtigste deutsche Satiriker des 16. Jahrh., in
dem sich noch einmal der ganze formlos ungebun-
dene Reichtum der litterar. Epoche offenbart, bevor !
mit Opitz die Herrschaft der Regel beginnt. Geb. !
um 1515 in Straftburg (oder Mainz), erzogen in !
Worms von seinem Verwandten Kaspar Scheidt!
(s. d.), lernte er auf Reisen in Italien, den Nieder- ^
landen, England und Frankreich mit empfänglichem
Geist die Welt kennen. 1571 wurde er litterar. Bei-
stand seines Schwagers, des Buchdruckers Bernb.
Iobin in Straßburg, promovierte 1574 in Basel
zun^Di-. .M-., führte ein mutloses Littcratenleben i
in ^traßdurg, wo er die Sacbc des liberalen Cal- !
vim5mus Joh. Sturnrs gegen Luthertum und Papst-
tum verfocht, wurde 1581 Advokat am^ Reichs- !
kamlncrgericht zu ^pcyer, übernahm 1583 eine Amt- >
Mannschaft zu Forbacb und starb um 1590. i
F. war der größte Publizist des Jahrhunderts !
neben Luther, der erfolgreichste Bctämpfer der Ge- ^
genreformation. Er besitzt nicht Luthers Volks- '
tümlichkeit; dafür ist er ihm an Vielseitigkeit in den !
Stoffen, Stimmungen, Gattungen und Formen!
seiner Schriftstellern weit überlegen. Wir haben ^
etwa 50 Werke F.s, ."0-40 andere blieben unaus- ^
geführt oder sind verloren. Gern verbirgt er seinen ^
Namen hinter Anagrammen und Verdrehnngen
(z. V. Im Fischen gilts Mischen, Huldrich Ellopos-
tleros, Iesuwalt Pickhart u. s. w.). Er mutet der
Sprache in Wortspielen und stilistischen Kunststücken
Unglaubliches zu. Seine stärke ist die Häufung.
Durch Erfahrung und Belefenheit verfügt er über
eine Keuntnis deutscher Sitten, Volkssckerze, Sprich-
wörter, Spiele, Lieder u. s. w., die seine Schriften
zur wichtigsten kulturhistor. Schatzkammer :nachen;
aber neben beißendem Witz, übermütig ausgeschüt-
tetem Wissen, grotesken Phantastereien, gelingen
ihm auch innige, feierliche und schlichte Töne, und
eine gesunde Lebrhaftigkeit ist ihm eigen. Seine
Neigung zu maßloser Sprachwillkür ist weit größer
in seiner Prosa als in den harten, aber gedrunge-
nen Versen, in denen er gelegentlich auch fremde
Verbformen, sogar Hexameter nachmacht. Seme
Erfindungs- und Gestaltungskraft ist gering; er
benutzt unbedenklich fremde Vorbilder, aber durch
wunderbaren Reichtum an Geist und Stoff über-
trifft er sie weit. Er begann mit antitath. Reim-
pamphleten: "Nacht-Rab" (1570) gegen den katb.
Konvertiten Rabe, "Der Barfüßer Secten- und
Kuttcnstreit" (Erklärung eines Holzschnitts), "Von
S. Dominici und S. Francisci artlichem Leben"
(1571) gegen den Franziskanermönch Nasus. Diese
Pamphlete und seine zahlreichen kleinen kirchlich-
polemischen Satiren überbot F. in dem "Iesuiter-
hütlcin" (1580, nach einem matten franz. Original),
der grimmigsten Zeitdichtuug gegen den Orden der
"Icsuwidcr". Auch seine 1579 erschienene Bear-
beitung des niederländ. "Bienenkorbes" von Phi-
lipp Marnir richtet sich gegen das Papsttum. In Ge-
dichten vom Untergang, der "Vadenfahrt", der fpan.
Armada feierte er l1589) Gottes Beistand für den
Protestantismus. Positiv bewährt F. seine Frömmig-
keit in dem "Gescmgbüchlcin" (Straßb. 1576; neu
hg. Verl. 1849), das schöne eigene Dichtungen F.s
enthält,und in seinem "Katechismus" (Straßb. 1578:
darin die "Anmahnung zu christl. Kinderzuckt").
Die weichen Seiten seiner Natur treten hervor in
seiner Freude an der Musik s"Ein Artliches Lob der
Lauten", 1572), seiner Schätzung des Ehestands
("Philosophisch Ehzuchtbüchlein", 1578, nach Plu-
tarch) und seiner Sehnsucht nach dem Landleben
("Fürtreffliches Lob des Landlustes", 1579, nach
Horaz). Mit warmem Lokalpatriotismus berichtet
er in dem "Glückhafften schiff" (Straßb. 1576, nach
Gualthers "^i^o ^iZurin^") die Hirsebreifahrt
Züricher Bürger, die auch polit. Bedeutung für die
Freundschaft Straßburgs mit den prot. SchweiZer-
städtcn gewann. Glühenden Deutschenstolz atmet
seine "Ernstliche Ermahnung an die lieben Teut-
schen" in den "Eikones" (1573), Bildergedichtcn,
wie er sie nach Scheidts Muster und im buch-
händlerischen Auftrag Iobins noch öfter verfertigt
hat. Einen Plan scheidts führte F. aus, alH
er das Volksbuch vom Eulenspiegel reimte (1571),
wie er später auch das altdeutsche Gedicht vom
Stauffcnberger erneuerte (1588). Am glücklichsten
aber waren seine humoristisch-satir. Dichtungen ohne
konfessionellen Inhalt: "Flöhhaz" (1573; in den
"Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. und
17. Jahrh.", Nr. 5, Halle 1878), die ausgelassenste
Gestaltung des komischen Tierepos; "Aller Praktik
Großmutter" (1572; "Neudrucke", Nr. 2, ebd. 1876),
eine mit Venutzuug älterer Quellen gegen den
Kalenderaberglaubcn gerichtete Satire; das "Po-
dagrammisch Trostbüchlein" (1577; Scheibles "Klo-
ster", Bd. 10, Stuttg. 1848), ein Spottlob des
"Pfotengrams" nach humanistischen Vorbildern;
vor allem die "Affenteurliche und ungeheurliche
Gefchichtfchrift" (fpäter "Geschichtklitterung") vom
"Gargantoa" (1575 u.ö.; "Neudrucke", Nr. 65-71,
Halle 1886^-91, und Scheibles "Kloster", Vd. 8,
stuttg. 1847), die tollste, verschnörkeltste, riesen-
hafteste Auffchwellung des 1. Buchs von Rabelais
"(^ai'F^uwH e>t I^utHFi-uei"; hier, zumal in der
berühmten "Trunkenlitanei", feiert F.s üppigste
Laune ihre Orgien. Eine Ausgabe seiner Dichtungen
veranstaltete H. Kurz (3 Vde^, Lpz. 1866-68) und
in Kürschners "Deutscher Nationallitteratur" A.
Hauffen (Stuttg. 1892 fg.), eine gute Auswahl
Goedeke (Lpz. 1880). Aus der umfänglichen Litte-
ratur über F. vgl. Wackernagel, I. F. von Straß-
burg (2. Ausg., Bas. 1874); Wendeler, Fischart-
studien des Freiherrn von Meusebach (Halle 1879);
Er. Schmidt in der "Allgemeinen deutschen Bio-
graphie", Vd. 7 (Lpz. 1878); Besson, Nwäo 8ur I<
(Par. 1889); Frantzen, Kritische Bemerkungen zu
F.s Übersetzung von Rabelais' Gargantua ("Alsa-
üsche Studien", Heft 3, Straßb. 1892).
Fischauge, Mineral, s. Adular.
Fischaugenstein, s. Apophyllit.
Fischbach, Dorf im Kreis Hirschberg des preuß.
Reg.-Bez. Liegnitz, am Fuße des Falkensteins, hat
(1890) 1075 E., Postagentur, Telegraph, Schloß mit
Altertümern und Park und wird als Sommerfrische
besucht. Nahebei die Falkenberge oder Fisch-
b ach er Berge (667 m), große Granitfclseu, von
denen der nördliche, der Forstberg, durch eine Treppe
bestiegen werden kann, während der andere seit
1832 ein großes eisernes Kreuz trägt, sowie die Felsen-
gruppc Mariannenfels mit weiter Aussicht, das
Mimgenthal und die Ruine Volzenschloß.
Fi'schbach, Friedr., Musterzeichner, geb. 10. Febr.
1839 zu Aachen, besuchte das Gymnasium in Köln
und die Mustcrzeicheuschule in Berlin, ging 1862
nach Nien, leitete daselbst bis 1865 ein Dekora-
tionsgeschäft, zeichnete für die Mustersammlung des
Österreichischen Museums und wurde 7870 Lebrer