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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hanfnessel - Hängebrücken

längsten sind, und mittellangen, gabelförmigen Schwanz unterscheidet. Aus dieser Gruppe ist der Bluthänfling (Fringilla cannabina L., s. Cannabina linota Gray, s. Tafel: Mitteleuropäische Singvögel Ⅰ, Fig. 3, beim Artikel Singvögel) am bekanntesten; er findet sich von Norwegen bis an das Mittelländische Meer, und in Deutschland bleibt er selbst in sehr kalten Jahren auch im Winter meist zurück. Im Sommer bewohnt er am liebsten Waldränder. Seine Nahrung besteht in Sämereien, doch fügt er dem Landmann keinen Schaden zu. Seine Färbung ändert je nach dem Alter sehr bedeutend ab. Das erwachsene Männchen im Sommerkleide ist am Mantel zimmetbraun, auf Kopf und Nacken hellgrau, auf Scheitel und Brust karminrot und an der Kehle weißlich und braun gefleckt. Die Weibchen besitzen nichts Rotes; sie sind oberseits braun mit gelblichen Federrändern und schwarzbraunen Schaftflecken, unterseits gelblichweiß mit schwarzbraunen Längsflecken. Der H. ist lebhaft, heiter, gelehrig und ein fleißiger und angenehmer Sänger und deshalb als Stubenvogel beliebt; auch lernt er Melodien nachpfeifen. Der Berghänfling (Fringilla montium Gm., s. Cannabina flavirostris Brehm) im hohen Norden, der nur im strengen Winter zu uns kommt, aber in Schweden als Stubenvogel dient, gehört zu dieser Gruppe.

Hanfnessel, s. Galeopsis.

Hanföl, fettes, trocknendes Öl, das durch Pressen des Hanfsamens gewonnen wird. Wegen seiner Dickflüssigkeit ist es als Brennöl wenig tauglich, dagegen wird es zur Anfertigung von Firnissen, vorzugsweise aber in der Seifenfabrikation benutzt. Das Kilo kostet ungefähr 1 M. im Großhandel.

Hanfrose, ostindische, s. Hibiscus.

Hanfsamensteine, s. Harnsteine.

Hanfseele, s. Drahtseil.

Hanfseil, ein meist rundes und aus drei Litzen zusammengewundenes Seil aus Hanffaser. Flache H. (Bandseile) werden durch Zusammennähen mehrerer runder Seile hergestellt und im Bergwerksbetrieb als Förderseile oft verwendet. Sehr starke runde H., Kabel, werden erhalten, wenn man nicht drei Litzen, sondern drei dünnere Seile zu einem H. zusammenwindet. Die Verbindung zweier Seilenden geschieht durch die sog. Spleißung; auf eine Strecke von einigen Metern werden die Enden der zu verbindenden Stücke aufgedreht und in die Litzen des einen Seils die entsprechenden des andern hineingezogen. Über die Anwendung des H. als Transmissionsseil s. Seiltrieb.

Hanfstängl, Franz, Lithograph und Photograph, geb. 24. März 1804 zu Bayernrain (Oberbayern), kam 1816 nach München in Mitterers Feiertagsschule, worauf er 1819‒25 die Akademie besuchte. 1829 wurde er Professor der höhern Feiertagsschule, legte aber 1833 die Stelle nieder, um eine lithographische Anstalt zu errichten, aus der 1853 ein großartiges photographisches Institut hervorging, das H. bis 1868 leitete. 1835 verweilte er in Dresden, um die vorzüglichsten Gemälde der königl. Gemäldegalerie in Steindruck (190 große Blätter) herauszugeben. Auch veröffentlichte er viele Porträts in Lithographie. Er starb 18. April 1877 in München.

«Franz Hanfstängl, königl. Bayrische Photographische Hofkunstanstalt und Kunstverlag» ging im Nov. 1868 an einen Sohn des vorigen, Edgar H. (geb. 15. Juli 1842, herzoglich coburg. Hofrat), über. Sie umfaßt Photographie, Photogravüre, Aquarellgravüre, Lichtdruck, Autotypie, Fabrikation von Pigment- oder Kohledruckpapier, Galvanoplastik und hat Zweiggeschäfte in London und Neuyork. Der Verlag umfaßt die «Galerie moderner Meister» (1893: 8000 Nummern in über 13000 Blättern verschiedener Formate), eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Porträts; ferner Reproduktionen der Gemäldegalerien bez. Kunstsammlungen in Dresden, München, Berlin, Cassel, Brüssel, Amsterdam, Haag, Haarlem, London u. s. w., die direkt den Originalen entnommen und in Kohledruck ausgeführt sind. – Vgl. den Illustrierten Verlagskatalog des Hauses (2 Tle., 1892, mit Nachtrag 1‒3).

Hanfstängl, Marie, geborene Schröder, Opernsängerin, geb. 30. April 1849 zu Breslau, erhielt erst in Breslau, dann bei Frau Viardot-Garcia in Paris Gesangunterricht und fand hier 1866 Engagement am Théâtre lyrique. Der Krieg von 1870 und 1871 zwang sie zur Rückkehr nach Deutschland. Sie wurde 1871 für das Stuttgarter Hoftheater engagiert und zwei Jahre später zur königlich württemb. Kammersängerin ernannt. 1873 heiratete sie den Hofphotographen Professor E. Hanfstängl. Seit 1882 ist sie in Frankfurt a. M. thätig.

Hanftod, Hanfwürger, s. Orobanche.

Hanfwerg, s. Hanf.

Hangai, s. Chankasee.

Hangard (frz., spr. anggahr), s. Unterstände (im Befestigungswesen).

Hangbau, s. Bewässerung (Bd. 2, S. 932 b).

Hängebahnen, s. Drahtseilbahnen.

Hängebank, s. Schacht.

Hängebauch (Venter propendens), das sackartige Herabhängen der vordern Bauchwand, entsteht gewöhnlich nach übermäßiger Ausdehnung der Bauchdecken infolge von Schwangerschaft, hochgradiger Fettsucht, von Geschwülsten, großen Nabelbrüchen u. dgl. Während der Schwangerschaft wird das Zustandekommen des H. durch ungewöhnlich starke Neigung des Beckens, durch Verengung des Beckeneingangs u. dgl. begünstigt; ihre nächste Ursache liegt in der Schlaffheit der Bauchdecken und abnormer Ausdehnung der sog. weißen Linie (linea alba). Die Beschwerden, welche durch den H. verursacht werden, sind: Schmerzen und Excoriationen der gezerrten Bauchhaut, Ödem des untern Teils der Bauchdecken, Harnbeschwerden durch Druck auf die Blase und Stuhlverstopfung infolge der mangelhaften Bauchpresse; auch ist in hochgradigen Fällen von H. das Gehen sehr erschwert. Für Beseitigung dieser Beschwerden dient das Tragen einer gut passenden Leibbinde. – Beim Pferd wird H. ein schlaff und tief herabhängender Bauch genannt. Er kommt meist in Gemeinschaft mit dem Senkrücken vor. Bei Stuten, die viel zur Zucht verwendet worden sind, ist er fast immer zu beobachten.

Hängebaum, s. Trauerbaum.

Hängebock, s. Bock (techn.) und Hängewerk.

Hängebrücken, Eisenbrücken (s. d.), deren Fahrbahn an Drahtseilen oder Ketten angehängt ist. Sie haben als Vorläufer die seit sehr langer Zeit bei den Indiern, Amerikanern, Afrikanern und Chinesen bekannten Seilbrücken gehabt. Ein Beispiel einer solchen giebt die umstehende Fig. 1, die eine von Stanley überschrittene Hängebrücke über den östl. Ituri mit 27 m Spannweite darstellt. Während solche Seilbrücken meist aus zwei oder mehrern Seilen, Lianengeflechten u. dgl. bestehen, welche über Flüsse