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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Karschûnî - Karsten (Hermann)
dient hatte, heiratete sie in ihrem 17. Jahre einen
Tuchmacher, Namens.Hirsekorn, zuSchwiebus, mit
dem sie eine qualvolle Ehe führte. Von ihm ge-
schieden, verheiratete sie sich dann mit einem
Schneider Karsch in Fraustadt, der dem Trunke er-
geben war. 1760 wurde sie durch den Baron von
Kottwitz nach Berlin gezogen, wo sie in die ersten
Gesellschaften eingeführt wurde und man sich an
ihrer Fertigkeit zu improvisieren und Gedichte so-
gleich niederzuschreiben ergötzte. Ramler, Mendels-
sohn, Gleim u. a. unterstützten sie. Gleim gab eine
Sammlung ihrer "Auserlesenen Gedichte" lBerl.
1764) heraus und verschaffte ihr dadurch 2000 Thlr.
Der Graf von Stolberg-Wernigcrode und andere
bewilligten ihr Jahrgelder; allein dies alles reichte
nicht zu, sie felbst, ihre zwei Kinder und ihren Bru-
der zu ernähren. Friedrich II., an den sie sich mehr-
mals gewendet hatte, zeigte ihr wenig Teilnahme;
erst sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., schenkte
ihr in Berlin ein kleines .haus. Sie starb daselbst
12. Okt. 1791. Von den Gedichten der K., der deut-
schen Sappho, wie sie geschmackloserweise genannt
wurde, hat keins einen wirklich künstlerischen Wert'
ihr natürliches Talent zum Versemachen wurde durch
ihre Erfolge überreizt und sank, als Gleims und
Ramlers Einfluß ihr die Naivetät raubte, zur unbe-
deutendsten wässerigen Korrektheit herab.
Durch ihren zweiten Gatten wurde sie Mutter der
Karo line Luise von Klencke lgeb.21.Juni 1751
zu Fraustadt, gest. 21. Sept. 1812 zu Berlin), die
auher mehrern eigenen Schauspielen, Gedichten und
andern Schriften auch die "Gedichte" ihrer Mutter
nebst deren Lebenslauf (Berl. 1792; 2. Aufl. I7W)
herausgab, und Großmutter der Schriftstellerin
Helmina von Chezy (s. d.). - Vgl. Heinze, Anna
Luise K. (Anklam 1866).
Karschinn, mit syr. Buchstaben geschrieben?
arab. Texte.
Karst, Werkzeug, s. Erdhacke.
Karst (ital. (^i-80, bei den Alten ^ai-u8aviu8),
im engern Sinne die etwa 82 km lange, 24 km
breite, durchschnittlich 4-600 m hohe Kalksteinhoch-
fläche, die sich nördlich von Istricn in südöstl. Rich-
tung vom Isonzo bis zum Quarnerogolf durch das
osterr. Küstenland hinzieht. Von dem Berglaude
von Idria (s. d.) wird dasselbe durch das Thal der
Wippach, von der Windischen Mark durch die Poik
und die Reka geschieden. Gegen den Golf von
Trieft fällt es steil mit etwa 400 m hohem Absturz
ab. Der K., der aus vielfach zerklüftetem und durch-
löchertem Kalk und Dolomit der Kreideformation
besteht, ist ohne eigentliche Gebirgsbildung, ohne
zusammenhängende Thäler; vielmehr bildet er eine
von Becken, Dolinen und Trichtern durchlöcherte
Vlatte, auf der einzelne Erhebungen und steile
Fe^enwälle aufgefetzt sind. (S. Karstphänomene.)
Das K. ist eine traurige Ode, mit Trümmergestein
überschüttet, überaus arm an Vegetation; Wald
findet sich fast nur in den vor der Vora (s. d.) ge-
schützten Vertiefungen, in denen auch Mais, Obst
lllcd Wein gebaut wird; die Viehzucht liefert einen
tüchtigen Schlag von Gebirgspferden. Die Ober-
fläche ist wasserarm, dagegen wird das Innere von
zahlreichen unterirdischen Flüssen durchzogen, die
hier und da zu Tage treten, um wieder in den
Klüften des Kalksteins zu verschwinden, so die Poik
und die Neka.
Südlich schließt sich an den eigentlichen K. der
Tschitschenboden (Planik 1273 m) an und bildet den
Übergang zu der in Gesteinsart und Gebirgsform
mit den: K. übereinstimmenden Kalbinsel Istrien; die
höchste Erhebung ist hier der 1396 m hohe Monte-
Maggiore südwestlich von Abbazia. Im weitern
Sinne rechnet man zum K. auch die nördlich und süd-
lich gelegenen, karstähnlichen, aber teilweise bewal-
deten Hochflächen, welche früher irrigerweise zu den
Jütischen Alpen gerechnet wurden: den Tarnowaner-
wald zwischen Isonzo und Idriza, den Birnbaumer-
Wald zwischen Idriza und Poik und die Piuka-Pla-
nina zwischen Poik, Reka und demZirknitzersee. Den
Charakter des K. zeigen aber auch die weiter östlich
zwischen Save und Kulpa gelegenen Höhen der Win-
dischen Mark, das Gutenselo und der Horuwald,
ferner die bosn., kroat. und dalmat. Gebirge sowie
die Inseln und Klippen vor der dalmat. Küste. -
Vgl. Reyer, Studien über das Karstrelief (in den
"Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft",
Wien 1881); von Guttenberg, Die forstlichen Ver-
hältnisse des K. (Trieft 1882).
^l"7'65., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung
für Hermann Karsten (s. d.).
Kärstelenbach, s. Maderanerthal.
Karsten, Gustav, Physiker, Sohn von Karl K.,
geb. 24. Nov. 1820 zu Berlin, studierte Mathematik
und Naturwissenschaften und habilitierte sich 1845
in seiner Vaterstadt. 1847 wurde er Professor der
Physik und Mineralogie an der Universität Kiel,
1859 Direktor des Aichungswefens für die Elb-
herzogtümer, 1869 Mitglied der kaiferl. Normal-
Aichungskommission. Die von ihm in den Elbher-
zogtümern eingeführte Organisation des Aichwesens
wurde auf die neuen Einrichtungen im Reiche an-
gewendet. K. war 1867-72 Mitglied des preuß.
Abgeordnetenhauses, 1877 - 81 des Teutschen
Reichstags, wo er der Fortschrittspartei angehörte.
Er schrieb: "Lehrgang der mechan. Naturlehre"
(3 Bde., Kiel 1849-53), "Untersuchungen über das
Verhalten der Auflösungen des reinen Kochsalzes
in Wasser" (Berl. 1846), "Denkschrift über den
großen norddeutschen Kanal" (Kiel 1865), "Bei-
träge zur Landeskunde der Herzogtümer Schleswig
und .Holstein" (2 Bde., Berl. 1869-72). Seit 1856
giebt er im Verein mit andern Gelehrten die "All-
gemeine Encyklopädie der Physik" heraus. Seit der
1870 erfolgten Einsetzung derKommission zur wissen-
schaftlichen Untersuchung der deutschen Meere, in
Kiel, ist er das geschäftsführende Mitglied derselben
und bearbeitet in den Berichten der Kommission die
Physik der Meere (Berl. 1872-93).
Karsten, Hermann, Vetter des vorigen, Natur-
forscher, geb. 6. Nov. 1817 zu Stralsund. Er stu-
dierte erst Pharmacie, dann Medizin und Natur-
wissenschaften in Rostock und Berlin und machte
1843-47 und 1848-56 zwei naturwissenschaftliche
Reifen durch Venezuela, Neugranada und Ecuador.
Hierauf lehrte er Botanik an der Universität Berlin
und wurde 1868 als Professor der Botanik nach
Wien berufen, wo er, wie auch schon in Berlin, ein
pflanzenphysiol. Laboratorium gründete, legte aber
sein Amt 1872 nieder. Seitdem lebt er in der Schweiz
und Berlin. Durch seine anatom. Untersuchungen
erkannte K. den allen Gewächsen zu Grunde liegen-
den einheitlichen Bau, während nach den bis dahin
gültigen Ansichten der Anatomen ein dreifacher
Typus stattfinden sollte. Seine physiol. Forschun-
gen über die Entwicklung und Metamorphose der
Pflanzenzelle leiteten ihn zu der Erkenntnis, daß
nicht die im Zellsafte waltenden chem. Verwandt-
Artitel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.