Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Römische Kunst

973

Römische Kunst

ähnlich wie die kolossalen Aquädukte (s. d.), die (wie die Aqua Marcia und Aqua Virgo in Rom) ihre Brauchbarkeit zum Teil bis heute noch erhalten haben. Dem öffentlichen Verkehre dienten die Fora oder Märkte (s. Forum; die Abbildung des Forum Romanum s. die Textfigur beim Artikel Forum sowie die Tafel: Rom II, Fig. 1; den Grundriß s. Rom, S. 942), umschlossen von Hallen, in denen sich das Geschäftsleben abspielte, und von den bedeutendsten öffentlichen Gebäuden. Unter diesen nehmen die Basiliken eine der ersten Stellen ein. Als Versammlungsräume für große Menschenmassen, ursprünglich für den Handelsverkehr, später für Gerichtsverhandlungen bestimmt, mußten sie in ihren Abmessungen möglichst geräumig angelegt werden. Wie weit man hierin ging, zeigt am großartigsten die Maxentius-Basilika in Rom, die im Querschnitt noch über die Breitenausdehnung des Kölner Domes hinausgeht. Die Anlage der Basiliken, die für die christl. Kirche vorbildlich geworden ist, ist in der Regel dreischiffig mit überhöhtem, gedecktem Mittelschiff und hohem Seitenlicht, mit einer Vorhalle an der einen und einem exedraartig ausgebauten Tribunal an der andern Schmalseite. Nach diesem Grundriß ist die wohlerhaltene Basilika in Pompeji, ebenso die in Trier gebaut, während die in Rom erhaltenen Basilika Julia und Basilika Ulpia, die das Hauptgebäude des Forum Trajans bildet, als fünfschiffige Bauten angelegt sind. Von andern Bauwerken, die dem öffentlichen Verkehr oder als Staats- und Verwaltungsgebäude dienten, wie die Kurien, Komitien, Tribunalien u. a., ist die Einrichtung mehr aus den Beschreibungen der Schriftsteller, namentlich des Vitruvius bekannt, als aus erhaltenen Resten ersichtlich. Dagegen gewährt die monumentale Überlieferung von der Anlage der Staatsbauten, die für die Schaulust des Volks errichtet wurden, eine klare Vorstellung. In den Theatern, Amphitheatern und Cirken (s. Cirkus) zeigt die röm. Architektur, was sie im Außenbau vermag. Bei der starken Höhenentwicklung, die die Menge der Sitzstufen veranlaßte, ergab sich die Aufgabe, große Außenwände zu dekorieren, die der innern, in einzelnen Absätzen gegliederten Anlage entsprechend von Stockwerk zu Stockwerk anstiegen. Ein schöner Rest des Außenbaues, in dorisch-toscan. und ion. Ordnung, ist vom Marcellustheater in Rom erhalten. Großartiger als dieses wirkt der vollständiger erhaltene und in riesenhaften Dimensionen aufgeführte Bau des Kolosseums (s. d. sowie die Tafel: Rom I, Fig. 3 und Tafel: Römische Kunst II, Fig. 4), dem sich von außerröm. Anlagen gleicher Bestimmung die Amphitheater von Verona, Capua, Pompeji anschließen. Von Cirkusbauten war der zum Teil noch erhaltene Cirkus Maximus in Rom (s. die Textfigur beim Artikel Cirkus), der 150000 Menschen faßte, der größte. Hier war, bei gestrecktem Grundriß, die Längenausdehnung das Charakteristische der Anlage.

Wie für die Vergnügungen, so war auch für die Gesundheitspflege durch öffentliche Anstalten gesorgt. Seit dem zweiten Punischen Kriege wurden öffentliche Bäder (s. Bad, Bd. 2, S. 255) errichtet, seit Agrippa die den griech. Palästren nachgebildeten Thermen eingeführt, und die Kaiser bis Konstantin d. Gr. überboten sich in der Erbauung von Anlagen dieser Art, für die selbst in den kleinern Provinzialstädten, wie in Pompeji, eine sehr luxuriöse Ausstattung beliebt wurde. Die Kaiserthermen überraschen durch die große Ausdehnung ihrer Räumlichkeiten (s. die Karte: Altes Rom). Sie enthielten nicht nur die eigentlichen Baderäume, sondern daneben auch Hallen zum Wandeln, für Spiele und Leibesübungen, Läden, Wirtschaften u. a. In diesen Anlagen gelangt der röm. Innenbau, die künstlerische Ausgestaltung der reich gegliederten und vielfach mit kostbarer Marmorbekleidung versehenen Wandflächen, die Kuppel- und Gewölbekonstruktion zur freiesten Entfaltung. Die Thermen zu Pompeji (s. Tafel: Bäder I, Fig. 2) geben von der technischen Einrichtung der Baderäume, die des Caracalla in Rom, unter den erhaltenen architektonisch die bedeutendsten (s. Taf. I, Fig. 1), von der Großartigkeit der Raumdisposition die beste Vorstellung. Den öffentlichen Baulichkeiten, unter denen noch die Triumphbogen (s. Tafel: Rom I, Fig. 2) und Ehrensäulen (s. Taf. I, Fig. 4) zu nennen sind, reihen sich die Privathäuser, Paläste und Villen an. Das röm. Haus (s. beistehenden Plan) besaß ursprünglich einen Mittelraum, das Atrium (1); es war ein quadratischer Innenhof, nur an den Seiten bedacht, während in der Mitte eine Öffnung (Compluvium) für den Abzug des Rauchs und eine unterhalb derselben liegende Vertiefung im Fußboden, das Impluvium (2), für Sammlung des einfallenden Regenwassers diente. Von vorn war das Atrium zugänglich durch einen Eingangskorridor, das Vestibulum (3), nach hinten schlossen sich das Hauptwohnzimmer, das Tablinum (4), an den Seiten kleinere Kammern an. Es bildet auch in den erweiterten Anlagen der spätern Zeit (s. die Textfigur beim Artikel Pompeji) den Kern der Anlage. Abweichend von der modernen Architektur liegt der Hauptausdruck des röm. Hauses nicht in der Façade, sondern in dem Innern, dessen Wandflächen mit Malerei, Stuck und Marmor reich ausgestattet wurden. Der spätröm. Baukunst gehört der Palast des Diocletian zu Spalato (Anfang des 4. Jahrh.) an; an seiner Nordseite befand sich die sog. Porta Aurea, deren Mauerflächen ihre Dekoration durch Säulenstellungen mit Bögen und Nischen (s. Tafel: Römische Kunst II, Fig. 5) erhielten.

2) Bildnerei. Die erhaltenen Bildwerke der R. K. (insbesondere Statuen und Büsten) unterscheiden sich von den griechischen durch ihre natürliche, das reale Leben nüchtern auffassende Wiedergabe der Wirklichkeit. In den ältesten erhaltenen Porträtwerken, die aus der letzten republikanischen Zeit stammen, kommt dieser Unterschied der gesteigerten Idealisierung den gleichzeitigen griech. Bildniswerken gegenüber am stärksten zum Ausdruck. Die röm. Porträtkunst hat an die Sitte, die Bilder der Ahnen in Wachsmasken aufzubewahren und im Atrium des Haufes aufzustellen, angeknüpft; sie dient in erster Linie der Erinnerung an die Verstorbenen und aus dieser Bestimmung erklärt sich ihr Charakter. Aber neben dem privaten Porträtwerk war schon früh die Sitte, verdienten Männern Standbilder öffentlich aufzustellen, in Rom hervorgetreten; sie nahm mit der Zeit eine immer größere Ausdehnung an. Namentlich sind es die Statuen und Büsten der