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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Westerwaldbahnen; Westerwik; Westeuropäische Zeit; Westfalen

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Westerwaldbahnen - Westfalen (Königreich)

Westerwaldbahnen. 1) Obere Westerwaldbahn, vom preuß. Staate erbaute, 1885 und 1886 eröffnete Nebenbahn von Hadamar über Westerburg und Hachenburg nach Altenkirchen (56,6 km), an Stelle der der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn (s. d.) 1873 genehmigten Westerwaldbahn Eschhofen-Hadamar-Hachenburg-Troisdorf. 2) Untere Westerwaldbahn, 1873 genehmigte, 1884 eröffnete Strecken der ehemaligen Rheinischen Eisenbahn (s. d.), von Engers nach Altenkirchen, von Grenzau nach Höhr (Grenzhausen) und von Siershahn nach Staffel (93,3 km), nach deren Erwerb vom preuß. Staate vollendet. Die W. bilden seit 1. April 1895 einen Teil des Eisenbahndirektionsbezirks Frankfurt a. M.

Westerwik (Vestervik), gewerbfleißige Stadt an der schwed. Ostküste im Kalmar Län, an den Linien Norsholm-W. (118 km) und W.-Hultsfred, hat (1893) 6810 E., Ruinen der Burg Stäkeholm; bedeutende Ausfuhr von Holz, Korn und Eisen, ferner Schiffswerfte, mehrere Fabriken und Dampferverkehr mit Wisby.

Westeuropäische Zeit, s. Eisenbahnzeit.

Westfalen, der westl. Teil des alten, von Karl d. Gr. dem Frankenreiche einverleibten Herzogtums Sachsen, reichte, durch die Engern an der Weser von dem Lande der bis zur Elbe wohnenden Ostfalen getrennt, westwärts bis nahe an den Rhein und hatte hier die ripuarischen Franken zu Nachbarn, im Norden die Friesen, im Süden, von der Sieg und Eder an, die Hessen. Bei der Auflösung des Herzogtums Sachsen nach der Achtserklärung Heinrichs des Löwen 1180 verlor sich der Name Ostfalen gänzlich; der Name W. erhielt sich, ging jedoch teils auf das neu gebildete Herzogtum W., teils auf den spätern Westfälischen Kreis über. Im J. 1180 nahm der Erzbischof von Köln, Philipp von Heinsberg, das Bergland an der obern Ruhr und Lenne, das Süder- oder Sauerland, in dem seine Vorgänger schon in der fränk. Zeit einzelne Güter erworben hatten (Soest, Werl, Medebach, Attendorn u. s. w.), völlig in Besitz, vereinigte es als Westfälisches Niederstift mit dem Erzbistum Köln und erhielt von Friedrich Barbarossa für das Gebiet der Diöcesen von Köln und Paderborn den Titel eines Herzogs von Engern und W. mit allen herzogl. Rechten. Unter Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238-61) wurde die neue Besitzung nach Nordosten hin durch Brilon, Erwitte und andere früher paderbornsche Güter vergrößert, mehr noch 1368 durch Erwerbung der Grafschaft Arnsberg. Zwar verlor Erzbischof Dietrich 1449 die Stadt Soest (s. d.), doch durfte sein Nachfolger Ruprecht nach dem die Soester Fehde beendenden Hauptvergleich von 1464 dafür die um diese Zeit verfallenen Lehnsherrschaften und Schlösser Fredeburg und Bilstein dem Herzogtum W. einverleiben, das als Zubehör des Erzstifts Köln nicht zum Westfälischen, sondern zum Niederrheinischen Kreise gehörte. W. hatte später dem Namen nach Arnsberg zur Hauptstadt, wurde von einem Statthalter regiert, der seit 1442 Landdrost hieß, und zerfiel in die vier Quartiere Rhüden, Werl (mit der Grafschaft Arnsberg), Bilstein und Brilon. W. umfaßte zuletzt 3744 qkm mit 130000 E. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurde es dem Hause Hessen-Darmstadt statt seiner westrhein. Besitzungen zugewiesen, von diesem aber 1815 an Preußen abgetreten. (S. Historische Karten von Deutschland I und II.) Der Name Rote Erde, mit dem W. schon seit alter Zeit bezeichnet wurde, beruht vermutlich auf der von den ausgebreiteten Eisenerzlagern herrührenden roten Färbung des Erdbodens, der sich in W. an vielen Stellen findet. (Über die westfäl. Mundart s. Deutsche Mundarten.) - Vgl. Seibertz, Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums W. (4 Bde., Arnsberg 1839-75); ders., Quellen der westfäl. Geschichte (3 Bde., ebd. 1857-69); Erhard, Regesta historia Westfaliae (Bd. 1 u. 2, Münster 1847-51), mit der Fortsetzung: Westfäl. Urkundenbuch (Bd. 3-6, ebd. 1871-97); Codex traditionum Westfalicarum (Bd. 1-4, ebd. 1872-92); Nordhoff, Das Westfalenland und die urgeschichtliche Anthropologie (ebd. 1890); Jansen, Die Herzogsgewalt der Erzbischöfe von Köln in W. (Münch. 1895); Keller, Die Gegenreformation in W. und am Niederrhein. Aktenstücke und Erläuterungen (3 Tle., Lpz. 1881-95).

Westfalen, ein von Napoleon I. nach der Besiegung Preußens durch Dekret vom 18. Aug. 1807 gegründetes Königreich, das aus einem Teile der durch den Frieden zu Tilsit dem Kaiser zugefallenen preuß. Provinzen im Westen der Elbe und der Besitzungen der Kurfürsten von Hessen und Hannover und des Herzogs von Braunschweig als Vasallenstaat Frankreichs gebildet wurde. Das Königreich hatte ein Areal von 38100 qkm mit 1946343 E. Napoleon gab W. seinem jüngsten Bruder Jérôme Bonaparte (s. d.), der dem Lande 15. Nov. 1807 eine nach dem Muster des franz. Kaiserreichs zugeschnittene Verfassung verlieh. W. wurde in acht Departements eingeteilt, alle provinzielle Eigenart, alle Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit beseitigt, die Leibeigenschaft aufgehoben, franz. Recht und franz. Verwaltungsformen eingeführt. Die thatsächlich ganz ohnmächtigen sog. Reichsstände setzten sich zusammen aus 100 Abgeordneten, die von den Departementskollegien gewählt werden sollten. Die Einheitlichkeit in Recht und Verwaltung hätte einen segensreichen Einfluß ausüben können, wenn nicht das Land durch die übermäßige Steuerlast, durch die drückende Militärkonskription niedergehalten worden wäre. Die Hälfte der Domänen hatte Napoleon sich vorbehalten; wiederholt erlaubte er sich willkürliche Eingriffe in die westfäl. Regierung. Mit jedem Jahre wuchs die Verschuldung und das Deficit, besonders als der Minister von Bülow durch den Freiherrn von Malchus ersetzt wurde. Von der steigenden Erbitterung im Lande gaben die Aufstände Kunde, die 1809 ausbrachen, in Marburg unter dem Freiherrn von Dörnberg (s. d.), im Magdeburgischen unter dem Obersten Emmerich; Schill und der Herzog von Braunschweig brachen in westfäl. Gebiet ein. Im Frühjahr 1810 vergrößerte Napoleon das Königreich durch Überlassung fast des ganzen Hannovers, doch schon im Dezember wurde das eben erworbene und ein großer Teil des eigentlichen W. wieder abgetrennt und die gesamten Nordseelande, vom Rhein nördlich der Lippemündung an bis zur untern Elbe, dem Kaiserreich Frankreich einverleibt. Von den 1813 neu ausgehobenen Truppen gingen schon im Herbstfeldzug zwei Husarenregimenter zu den Preußen und Russen über. Am 30. Sept. mußte Jérôme vor dem Streifkorps Tschernyschews aus Cassel flüchten. Auf kurze Zeit zurückgekehrt, verließ der König dann auf die Kunde der Schlacht von Leipzig für immer das Land, nicht ohne vorher mehrere Millionen bar Geld und einen großen Teil der Kostbarkeiten aus den Schlössern und viele Schätze des Museums nach