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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Vadkert; Vadret; Vadschradhara; Vadsö; Vaduz; Vafthrudnir; Vag; Vaga; Vagabúnd

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Vadkert – Vagabund

de situ orbis tres» (Wien 1518), «Aphorismorum libri Ⅵ de consideratione eucharistiae» (Zür. 1536), und die gegen Schwenkfeld gerichteten Streitschriften und Briefe.- Vgl. Pressel, Joachim V. (in «Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reform. Kirche», Tl. 9, 2. Hälfte, Elberf. 1861); Stähelin, Die reformatorische Wirksamkeit V.’ (in den «Beiträgen zur vaterländischen Geschichte», Neue Folge, Bd. 1, Bas. 1882); Arbenz, Die Vadianische Briefsammlung der Stadtbibliothek St. Gallen (Bd. 1, St. Gallen 1890; Bd. 2, ebd. 1894); ders., Joachim V. beim Übergang vom Humanismus zum Kirchenstreit (ebd. 1895); Götzinger, J. Vadian, der Reformator und Geschichtschreiber von St. Gallen (Halle 1895).

Vadkert. 1) Groß-Gemeinde im Stuhlbezirk Solt des ungar. Komitats Pest-Pilis-Solt-Kleinkumanien, an der Linie Budapest-Semlin (Station V.-Tázlár) der Ungar. Staatsbahnen, hat (1890) 5568 meist magyar. E., Ackerbau, Viehzucht und Weinbau. – 2) Groß-Gemeinde im Stuhlbezirk Balassa Gyarmat des ungar. Komitats Neograd, hat (1890) 2470 E., eine Kaltwasserheilanstalt und ein Eisenbad.

Vadret (roman.), Gletscher; Piz V., Name mehrerer Gipfel der Rhätischen oder Graubündner Alpen, darunter der Felskamm, der nördlich vom Engadin zwischen dem Scalettaweg und der Flüelastraße aus den Eisfeldern der V. da Grialetsch, da Vallorgia und da Val Puntota zu 3226 und 3221 m aufsteigt.

Vadschradhara, Vadschrapāni, s. Buddha.

Vadsö, Stadt im norweg. Amte Finmarken, Sitz des Amtmanns, am Varangerfjord, hat (Ende 1893) 2214 E., darunter viele Finnen, einen guten Hafen (Endpunkt der Küstendampfschiffahrt) und lebhaften Handel, besonders mit den russ. Orten am Weißen Meer, Einfuhr von Korn und Holz, Ausfuhr von Fischwaren. V. ist Mittelpunkt des Walfischfangs in Finmarken und Sitz eines deutschen Konsuls. Bei V. ist eine große Fischguanofabrik.

Vaduz, Markt und Hauptort des Fürstentums Liechtenstein, an der Linie Feldkirch-Buchs (Station Schaan-V.) der Österr. Staatsbahnen, auf der rechten Seite des Rheinthals, in 465 m Höhe, am Fuß der Drei Schwestern (2097 m), in reizender Lage zwischen Obstgärten, hat (1890) 1139 E., neue got. Pfarrkirche und altes Schloß V., 1523‒26 nach der Zerstörung durch die Bündner (1499) wiederaufgebaut, mit einem viereckigen Turme (Heidenturm) aus dem 9. Jahrh.

Vafthrudnir, ein Riese in der nordischen Mythologie, der durch seine Weisheit berühmt ist. Sein Name bedeutet «Rätselmeister». Zu V. kam einst Odin, um seine Weisheit zu erproben. Da dieser in Gestalt eines Fahrenden erscheint, erkennt ihn der Riese nicht und läßt sich mit ihm in einen Wettstreit ein, in dem von Odin und V. die ganzen Elemente der altnord. Kosmogonie vorgeführt werden. Beide erkennen sich als ebenbürtig; als aber Odin fragt, was er selbst seinem Sohne Baldr auf dem Scheiterhaufen ins Ohr geflüstert habe, erklärt sich V. für besiegt und erkennt in dem Fragenden Odin. Dieser ganze Vorgang ist in einem schönen Gedicht der Edda, dem Vafthrudnismal, erzählt.

Vag (lat.), unstet; unbestimmt (im Ausdruck).

Vaga, Perino del, eigentlich Pierino Buonaccorsi, ital. Maler, geb. 1500 in Florenz, gest. 1547 in Nova, erhielt seine erste künstlerische Richtung durch Ridolfo Ghirlandajo und arbeitete dann als Gehilfe bei dem florentin. Meister Vaga. Hierauf wandte er sich nach Rom, wurde Raffaels Schüler, Freund und Hausgenosse und half ihm bei den Arbeiten in den Loggien; auch führte er im Vatikan die Bilder der Planetengottheiten im großen Saale des Appartamento Doria nach Raffaels Zeichnungen aus. Neben Giulio Romano war er dessen begabtester Schüler. In Genua schmückte er dann den Palast Doria aufs glänzendste mit Ornamenten, Stuccaturen und mytholog.-histor. Fresken. Später kehrte er nach Rom zurück, wo er zahlreiche Schüler um sich sammelte und mit deren Hilfe eine große Menge von Arbeiten ausführte, die indes den raffaelesken Stil zu rascher Verwilderung führten. Am glücklichsten war er in der Darstellung antik-mytholog. Stoffe; doch auch Madonnen und andere Gegenstände religiöser Art hat er in seiner frühern Zelt in würdiger Weise behandelt. Im Louvre zu Paris findet sich ein anmutiges Bild, den Wettgesang der Musen und Pieriden auf dem Parnaß darstellend. Seine besten Schüler sind die beiden Calvi, Lazzaro und Santaleone.

Vagabúnd (Vagánt, lat., «ein Umherstreifender»), Landstreicher, nach der Definition des frühern Preuß. Strafgesetzbuchs ein solcher, welcher geschäftslos und arbeitslos umherzieht, ohne sich darüber ausweisen zu können, daß er die Mittel zu seinem Unterhalte besitze, oder doch eine Gelegenheit zu demselben aufsuche. Das Reichsstrafgesetzbuch (§. 361, Nr. 3) straft, ohne den Begriff zu definieren, den Landstreicher mit Haft bis zu 6 Wochen. Zugleich darf der Verurteilte zu angemessenen Arbeiten in- und außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. Auch kann gegen den V. auf Überweisung (s. d.) an die Landespolizeibehörde erkannt werden. Nach dem österr. Gesetz vom 24. Mai 1885 wird der V. mit strengem Arrest von 1 bis zu 3 Monaten bestraft. Dieser Arrest kann geschärft werden durch Fasten, schwere Arbeit, Anweisung eines harten Lagers, Einzelhaft, Dunkelzelle. Das Vagabundenwesen, die Landstreicherei, Vagabondage, ist eine mit dem Bettelwesen auftretende sociale Erscheinung. In Deutschland, Österreich und der Schweiz hat es seit den siebziger Jahren außerordentlich zugenommen. Im Königreich Sachsen, wo die Bettler- und Vagabundenstatistik für die Zeit von 1880 bis 1892 sehr eingehend bearbeitet worden ist, hat sich 1880 eine Zahl von 22337 Bestrafungsfällen ergeben, die jedoch nur 14066 Personen betrafen, worunter also viele Rückfällige. Bis 1885 waren die Bestrafungsfälle auf 18340 und bis 1888 auf 12868 herabgegangen, waren aber bis 1891 wieder auf 15251 und 1892 auf 18296 gestiegen. Dagegen betrug die Zahl der bestraften Personen 1880: 14066, 1885: 10868, 1888: 8458, 1891: 10075 und 1892: 12174 Personen (11652 männliche und 522 weibliche). Es hat mithin nach 1888 wieder eine bedeutende Steigerung der Bestrafungen stattgefunden. Die sächs. Statistik beweist, daß die besonders seit 1880 überall eingeführten Vereine gegen Bettelei und die Verpflegungsstationen (s. d.), Arbeiterkolonien (s. d.) und andere gemeinnützige Anstalten für Volkswohl und gegen den Mißbrauch geistiger Getränke ihre günstige Wirkung nicht verfehlt hatten, daß jedoch nach 1888 wohl hauptsächlich infolge der an vielen Orten eingetretenen Arbeitslosigkeit, vielleicht aber auch wegen des Nachlassens einer mit Strenge gegen unbekannte Bettler gepaarten Fürsorge für bekannte Bedürftige, das Bettel- und Vaga- ^[folgende Seite]