Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

746

Wilhelmstadt - Wilkes

Mittelschild zeigt den königl. Namenszug innerhalb zweier Lorbeerzweige und ist zwischen den vier Kreuzesarmen von einem aus grünen Lorbeerzweigen gebildeten (burgund.) Schrägkreuz durchstoßen. Das von goldener Krone überhöhte Kreuz wird an dunkelblau eingefaßtem, orangegelbem Bande getragen. Das Kreuz der untersten Klasse ist von Silber.

Wilhelmstadt, s. Willemstad.

Wilhelmstein, s. Steinhudermeer.

Wilhelmsthal, 1) Lustschloß des Großherzogs von Sachsen-Weimar, mit großartigem Park, 8 km südlich von Eisenach, in 320 m Höhe im Thüringer Wald, an einem kleinen künstlichen See, wurde 1699‒1719 erbaut und vom Großherzog Karl August erweitert. W. ist Sommeraufenthalt der großherzogl. Familie. Etwa 2,5 km nordöstlich das ehemalige Jagdschloß, jetzt Gasthaus, Hohe Sonne, der Hirschstein (504 m), mit Aussicht nach S. und W., und die Hochwaldsgrotte. – 2) Schloß und Domäne im Kreis Hofgeismar des preuß. Reg.-Bez. Cassel, halbwegs zwischen Hofgeismar und Cassel, mit 22 E. Das unter Landgraf Wilhelm Ⅷ. 1753‒70 erbaute Schloß, mit gut erhaltenen Rokokodekorationen und vielen Gemälden Tischbeins (Schönheitsgalerie) sowie schönem Park, liegt in einem waldumschlossenen Thalkessel. (Vgl. Silber, Rokokoschloß W. bei Cassel, Cass. 1894.) Im Treffen bei W. 24. Juni 1762 siegten die Verbündeten unter Herzog Ferdinand von Braunschweig über die Franzosen. – 3) Vorstadt von Oppeln (s. d.), seit 1891 einverleibt. – 4) Preuß. Dorf, s. Wilhelmsthal (Bd. 17).

Wilibald Alexis, Pseudonym des Schriftstellers Wilh. Häring (s. d.).

Wilibaldsburg, Feste bei Eichstätt (s. d.).

Wílija, rechter Nebenfluß des Niemen, entspringt im Gouvernement Minsk des europ. Rußlands, durchströmt vornehmlich in nordwestl. Richtung die Gouvernements Wilna und Kowno und mündet nach einem Lauf von 571 km bei Kowno. Schiffbar ist der Fluß von der Stadt Wilejka; an seinen Ufern liegt die Stadt Wilna.

Wiljuj, bei den Jakuten Bülü, Fluß in Ostsibirien, entspringt im Gebiet Irkutsk an dem Berge Bur, unter 65½° nördl. Br., tritt bald ins jakutskische Gebiet über und mündet nach einem meist östl. Lauf von etwa 2112 km in drei Armen links in die Lena. Der Fluß ist sehr fischreich, auf 1275 km schiffbar, aber von Anfang Oktober bis Anfang Mai mit Eis bedeckt. Längs der Ufer finden sich Steinkohlen, Eisenerz, in Höhlen Mammutknochen. Die wichtigsten Nebenflüsse sind von Norden Marcha, Tjukan, Tjun, von Süden Tschona, Dscholi. Am W. liegt die Bezirksstadt Wiljujsk mit (1894) 494 E. Wiljujskisches Gebirge (bis 445 m) heißt eine östliche, parallel mit dem Polarkreis laufende Abzweigung des Tungusischen Gebirges, welche die Wasserscheide zwischen den Flußgebieten des Olenek und der Chatanga einerseits und des W. andererseits bildet.

Wilkau, Dorf in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Zwickau, an der Zwickauer Mulde, in 279 m Höhe, an der Linie Werdau-Schwarzenberg und der Nebenlinie W.-Wiltzschhaus (34,4 km) der Sächs. Staatsbahnen, hat (1895) 7837 E., darunter 94 Katholiken, Post, Telegraph, evang. Kirche, kath. und methodistische Kapellen, Sparkasse, elektrische Straßenbeleuchtung; Eisengießerei, Kammgarn- und Streichgarnspinnerei, Holzstoff- und Papierfabrik, Schuhwarenfabriken, Stuhlbauerei, Kunsttischlerei, Buntstickerei, Gorlnäherei, Ziegeleien, Mahl- und Sägemühlen.

Wilkemirgen, s. Wilkomir.

Wilken, Friedr., Geschichtschreiber, geb. 23. Mai 1777 zu Ratzeburg, studierte zu Göttingen anfangs Theologie, dann klassische und orient. Philologie und Geschichte, wurde 1800 Repetent der theol. Fakultät zu Göttingen, 1803 Instruktor des jungen Fürsten Georg Wilhelm von Schaumburg-Lippe, den er auf die Universität nach Leipzig begleitete, 1805 Professor der Geschichte an der Universität zu Heidelberg und 1807 Direktor der Universitätsbibliothek. In dieser Stellung vermittelte er die Wiedererlangung eines Teils der im Dreißigjährigen Kriege von den Bayern geplünderten und dem Papste geschenkten Palatinischen Bibliothek (zusammen 891 Handschriften). 1817 folgte er dem Rufe als Oberbibliothekar und Professor an die Universität zu Berlin, wo er 1819 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, dann königl. Historiograph, Professor der Geschichte an der Kriegsschule, Rat im Obercensurkollegium und 1830 Geh. Regierungsrat wurde. 1826 unternahm er eine wissenschaftliche Reise nach Italien, 1829 im Auftrag des Ministeriums nach Frankreich und England. Später völlig geistesgestört, starb er 24. Dez. 1840. Für die pers. Sprache gab er 1805 die erste Grammatik und Chrestomathie heraus. Sein Hauptwerk ist die «Geschichte der Kreuzzüge nach morgenländ. und abendländ. Berichten» (7 Bde., Lpz. 1807‒32). Es berücksichtigt zum erstenmal die orient. Quellen, leidet aber an mangelhafter Sonderung der Sage von der geschichtlichen Thatsache. Auch schrieb er: «Geschichte, Bildung, Beraubung und Vernichtung der alten Heidelberger Büchersammlung» (Heidelb. 1817) und «Geschichte der königl. Bibliothek zu Berlin» (Berl. 1828). – Vgl. Stoll, Der Geschichtschreiber Friedrich W. (Cass. 1896).

Wilkes (spr. wilks), John, engl. Publizist und Politiker, geb. 17. Okt. 1727 zu London, trat 1757 ins Unterhaus und gründete 1762 eine Zeitschrift, den «North Briton», in dem er über die Hofpartei unter Bute (s. d.) herzog. Als er in Nummer 45 des Blattes vom 23. April 1763 die Thronrede scharf angriff, mit der Georg Ⅲ. das Parlament vertagt hatte, wurde W. verhaftet, mußte aber als Parlamentsmitglied auf richterlichen Spruch hin freigegeben werden. Das Parlament trat indes auf die Seite der Regierung und stieß W. 1764 aus dem Unterhause aus. Diese Willkür der herrschenden Mehrheit erregte große öffentliche Erbitterung, bei den Neuwahlen 1768 kehrte W. aus Frankreich, wohin er geflohen war, heim, wurde für die Grafschaft Middlesex gewählt, stellte sich vor Zusammentritt des Parlaments dem Gericht und wurde «wegen Libells» zu 1000 Pfd. St. und 22 Monaten Haft verurteilt. Trotz der großen öffentlichen Empörung verfügte das Unterhaus, während er im Gefängnis saß, 5. Febr. 1769 wieder seine Ausstoßung, und als Middlesex mit seiner einstimmigen Neuwahl antwortete, bestritt das Unterhaus seine Wahlfähigkeit überhaupt und erklärte nach einer dritten Wahl seinen unterlegenen Gegenkandidaten Luttrell für den gesetzlichen Vertreter der Grafschaft. Als W. 1770 seine Haft abgebüßt hatte, wurde er von der City zum Alderman gewählt. Als solcher schritt er 1771 gegen die Verhaftung von Druckern ein, die Parlamentsverhandlungen veröffentlicht hatten, und als er selbst deshalb dreimal vor die Schranken des